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Jeremia - Übersicht (WM)

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    Titel, Verfasser, Geschichtlicher Hintergrund

    Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen


    Der besondere Charakter des Buches Jeremia

    Man pflegt Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel „die vier Großen Propheten“ zu nennen, dem gegen über Hosea bis Maleachi „die zwölf Kleinen Propheten“. Daher ist es nur natürlich, dass wir den Propheten Jeremia mit den andern drei großen vergleichen. Zeitlich steht Jesaja allein, da er lange vor dem babylonischen Exil weissagte.

    Jeremia, Daniel und Hesekiel waren Zeitgenossen, wobei Jeremia der älteste von ihnen war. Jeremia weissagte vierzig Jahre lang bis zur Zerstörung Jerusalems, und er blieb während dieser ganzen Zeit in der Stadt. Daniel und Hesekiel wurden hingegen bei der ersten und zweiten Wegführung (in den Jahren 606 und 598 v. Chr.) nach Babylon verschleppt. Erst dort begannen beide ihren prophetischen Dienst.

    Bei Jesaja ist es die Botschaft, die alles andere überragt. Von ihm selbst erfahren wir nur wenig. Auch bei Hesekiel und Daniel ist ihre Botschaft eindeutig die Hauptsache, obwohl ihr persönliches Ergehen auch wichtig ist und wir darüber recht viel erfahren. Bei Jeremia ist es aber so, dass sein persönliches Erleiden der Umstände, in die er hineinreden muss, mindestens gleich wichtig ist wie die Botschaft selbst. Damit hängt auch die Eigenart Jeremias zusammen, dass er uns in einer Weise in sein Inneres hineinsehen lässt, wie das bei keinem anderen Propheten der Fall ist (z. B. 1,6; 4,19–21; 8,18; 12,1–4; 14,7–9; 15,10; 20,7–13). Seinen Kummer wegen der Sünde des Volkes und seine Empörung über allen Götzendienst, sein Verzweifeln am Dienst und sein Irrewerden an Gottes Fügen, all das spricht er in einer Reihe von Bekenntnisses ganz offen aus. Er gleicht darin dem Apostel Paulus, der im 2. Korintherbrief ebenso von seinen Ängsten und Sorgen offener spricht als irgendein anderer neutestamentlicher Autor. Ein vielsagendes Detail zeigt, wie die beiden innerlich miteinander verwandt sind. Paulus ist der einzige neutestamentliche Schreiber, der das Evangelium „mein Evangelium“ (Röm 2,16) nennt. Und Jeremia nennt seine Weissagungen „Worte Jeremias“ (1,1). Beide identifizieren sich in außergewöhnlicher Weise mit der Botschaft, die sie ausrichten. Genau deshalb leiden sie auch so.



    Die Zeit und die Schicksale Jeremias

    Jeremia begann im 13. Jahr Josias zu weissagen (1,2) bis zur Wegführung Jerusalems (1,3), das heißt von 626 bis 586 v. Chr. Das sind gerade 40 Jahre. Danach weissagt er nur noch kurze Zeit an die Juden, die ihn nach Ägypten mitschleppen.

    Er war Augenzeuge eines stetigen Niederganges, der von den Höhen geistlicher Erweckung unter Josia zum Untergang und zur Verbannung des Volkes Gottes führte. Er musste mit ansehen, wie die erwählte Nation und ihr von Gott eingesetztes Königtum vollständig ruiniert wurden, wie das einzige Priestertum auf der Erde, das Gott kannte und Gott diente, zu einer gewinnsüchtigen Kaste degenerierte (6,13), wie das einzige Haus Gottes auf der Erde, in dem einst Gottes Herrlichkeit gewohnt hatte (1Kön 8,10.11; Ps 26,8) zur Räuberhöhle (7,11) und zum Götzentempel verkam. Er musste mitansehen, wie das Volk und die Stadt, die ihm mehr bedeuteten als alles andere in der Welt, moralisch und geistlich so krank wurde, dass es nicht mehr geheilt werden konnte. „Ist kein Balsam in Gilead, oder kein Arzt dort? Denn warum ist der Tochter meines Volkes kein Verband angelegt worden?“,rief er schließlich verzweifelt (8,22; siehe auch 14,19). Er hat es fast nicht verkraftet, dass sein Volk sich in immerwährender Abkehr von Gott abwandte (8,5) und durch nichts zur Umkehr bewegt werden konnte. Er liebte seinen Gott und akzeptierte daher dessen gerechtes Urteil über das Volk, aber er liebte auch das Volk, dem er seinen Untergang ankündigen musste, und das erzeugte in ihm einen Schmerz, der ihm zu groß wurde. Er weinte sich vor Kummer die Augen aus (8,23); anderes, als zu weinen, blieb ihm nicht, nachdem Gott ihm dreimal gesagt hatte, er solle nicht mehr für dieses Volk beten (7,16; 11,14; 14,11; vgl. 18,20).

    Als wäre das nicht schon genug gewesen, wurde er von seinen Mitjuden angefeindet. Man widersprach ihm, man verurteilte ihn, ja, man versuchte mehrere Male den Propheten Gottes umzubringen. Gott hatte ihm bei seiner Berufung schon angekündigt, dass die Leute gegen ihn kämpfen würden (Jer 1,19). So wurde er angefeindet durch:

    1. die Bewohner seines Heimatdorfes Anatot (11,21)
    2. die Angehörigen (12,6)
    3. Priester und Propheten (26,7–11)
    4. die Fürsten des Volkes (37,15; 38,4)
    5. den König (36,26)


    Er wurde dabei

    1. mit Worten geschlagen (18,18)
    2. mit Händen geschlagen (20,2; 37,15)
    3. verleumdet (20,10; 38,4)
    4. in den Stock gelegt (20,2)
    5. ins Gefängnis geworfen (37,15)
    6. in den Brunnen geworfen (38,6)
    7. man versuchte, ihn zu ermorden (11,21)

    Die letzten Monate vor dem Fall Jerusalems verbrachte er im Gefängnis. Obwohl er wiederholt mit Gott haderte (12; 15; 20), richtete er die Botschaft treu aus, die Gott ihm aufgetragen hatte. Man hat zu Recht gesagt, Jeremia sei ein Prophet von ehernem Mund (siehe 1,18) und weichem Herzen gewesen. Welch sonderbaren Kontrast bildete dieser Mann zu Zedekia, dem letzten König auf dem Thron Davids. Dieser war wankelmütig wie nur irgendeiner, wie sein wechselweises Hören auf Jeremia und auf dessen Feinde zeigt. Er will zwar auf den Propheten hören, aber er wagt nicht, seinen Rat anzunehmen und umzusetzen; so hört er doch auf die falschen Propheten und lässt sie gewähren, wo sie Jeremia greifen und in die Grube werfen. Aber dann findet er das doch wieder zu hart und leiht dem nächsten das Ohr, der kommt und für Jeremia ein Wort einlegt (37,17–21; 38,5; 38,10; 38,14–19). Es ist eine traurige Gestalt, von Selbstverliebtheit und Leidensscheue dahin und dorthin gestoßen, ein passenderer Repräsentant eines geistlich und moralisch bankrotten judäischen Königtums. Auch das muss sich dem Propheten Gottes aufs Gemüt gelegt haben. Und dann schlägt die letzte Stunde für Stadt, Tempel und Königtum.

    Im 4. Monat des Jahres 586 v. Chr. fällt die Stadt; sie wird zerstört und der Tempel wird verbrannt (39,1–10; 52). Unheilige Hände greifen nach den heiligen Geräten des HERRN. Die Wohnstätte Gottes ist nicht mehr. Die Tradition mag wohl Recht haben, die in der griechischen Übersetzung über die Klagelieder Jeremias den Vermerk gesetzt hat: „Und es geschah, da Israel gefangen weggeführt und Jerusalem verwüstet worden war, setzte sich Jeremia weinend auf den Boden und sang folgendes Klagelied auf Jerusalem und sagte...

    Und dann heben die Klagelieder an, und zwar mit dem Wort ’echâh! zu Deutsch: Ach!

    Aber damit nicht genug des Leids: Jeremia muss erleben, wie das Volk auch nach allen Schlägen Gottes nicht Buße tun will und gegen das ausdrückliche Wort des HERRN, das durch den Propheten an sie ergeht, nach Ägypten zieht und dabei den Propheten mitschleppt (42; 43). Und dort, in Ägypten, kann er dem Volk nichts als den nahen Untergang ankündigen (44).

    Was für eine Zeit und was für ein Mensch, dieser Jeremia! Wir verstehen, warum er nicht anders konnte, als vor Gott zu klagen: „Wehe mir, meine Mutter, dass du mich geboren hast, einen Mann des Streitesund einen Mann des Zankes für das ganze Land! ... alle fluchen mir“ (15,10).

    Aber Jeremia war auch ein Mann, der sagen konnte: „Wehe mirwegen meiner Wunde! Schmerzhaft ist mein Schlag. Doch ich spreche: Ja, das ist mein Leiden, und ich will es tragen“ (10,19). „Ich weiß, HERR, dass nicht beim Menschen sein Weg steht, nicht bei dem Mann, der da wandelt, seinen Gang zu richten“ (10,23). „Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens; denn ich bin nach deinem Namen genannt, HERR, Gott der Heerscharen“ (15,16).

    Beliebt war er nicht, Erfolg sah er auch keinen, und er musste sein geliebtes Heimatland verlassen. Nichts blieb ihm. Das war der Mann, den Gott erwählte, sein letzter Zeuge im untergehenden Jerusalem zu sein. Er sah zwar nichts davon, und doch waren sowohl Daniel als auch Hesekiel Früchte seines Wirkens. Ohne den Dienst Jeremias wären die beiden im Exil wohl nicht das geworden, was sie wurden.

    Und durch diesen redet er noch,obgleich er gestorben ist“ (Heb 11,4). Er redet zu uns, die wir auch in einer untergehenden Zivilisation leben und möglicherweise die letzten Zeugen Gottes vor ihrem Ende sind. Er ist uns mehr als andere zum Vorbild geworden für einen echten Zeugen der Gerechtigkeit und Gnade Gottes an eine selbstgefällige, götzendienerische, fette und freche Zeit.


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    Im HERRN JESUS CHRISTUS, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige.
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    Antonino.S
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