Im Gebet um Errettung vor seinen verleumderischen Feinden versicherte der Psalmist feierlich seine Unschuld und rief den gerechten Richter der Erde an, ihn durch die Verurteilung der Gottlosen zu rechtfertigen.
Die Überschrift bezieht sich auf Davids Erfahrung mit "Kusch, einem Benjaminiter", der nur an dieser Stelle in der Bibel erwähnt wird. Das Psalmlied stammt aus einer Zeit, in der David von Sauls Männern gejagt wurde ( 1Sam 22,8; 24,9;26,19 ). {iggAyNn ("Schiggaion", Luther: Klagelied) könnte darauf hinweisen, daß die Verse in intensiver Gefühlsregung geschrieben worden sind.
A. Gebet um Gottes Eingreifen
( 7,2-3 )
Ps 7,2-3
David betete voll Vertrauen um Errettung vor seinen Feinden, die ihn wie ein Löwe (vgl. Ps 10,9;17,12;22,14.22;35,17;57,5;58,7 ) fast in Stücke rissen. Er wußte, daß wenn Gott ihn nicht rettete, es niemand tun konnte. In Ps 7,3 taucht zum ersten Mal das Wort "Retter" auf, das im folgenden noch häufig in den Psalmen erwähnt wird.
B. Beteuerung der Unschuld
( 7,4-6 )
Ps 7,4-6
David versicherte mit Ernst, daß er kein Unrecht begangen hatte. Diese Verse werden von einem Eid umrahmt. Wenn ich das getan habe, wenn ich Sünde begangen habe, dann laß meine Feinde mich verfolgen und ergreifen . Im Hinblick auf dieses Gebet um Errettung muß diese Aussage als ernsthafte Versicherung der Unschuld Davids betrachtet werden.
Vers 5 scheint die verleumderische Anklage der Feinde Davids wiederzugeben, daß er jemand "Unrecht getan hatte", der in Frieden mit ihm lebte, indem er ihn ohne Grund beraubte.
Also beschwor David den Tod durch die Hand seiner Feinde, wenn er schuldig sei, wie sie es ihm vorgeworfen hatten. In den Staub legen bedeutet hier, tot zu sein und begraben zu werden (vgl. Dan 12,2 ) und beschreibt nicht das unbewußte Dasein im Tod. Es wird lediglich davon ausgegangen, daß ein Toter wie ein Schlafender aussieht (vgl. 1Thes 4,13 ).
C. Bitte um Rechtfertigung
( 7,7-10 )
Ps 7,7-8
David schrie zu Gott, dem gerechten Richter der ganzen Erde, um seiner Sache Recht zu verschaffen. Die Worte steh auf, erhebe dich und wache auf sollten Gott dazu bringen, vor der Versammlung in Gerechtigkeit zu handeln.
Ps 7,9-10
In Vers 9 bedeutet das Verb richten eigentlich "rechtfertigen", denn David bat um ein Gericht, das seine eigene Gerechtigkeit und Unschuld aufdecken würde. Er bat auch darum, daß der allmächtige gerechte Richter dem Unrecht der Gottlosen ein Ende machen und den Gerechten schützen solle. Verständlicherweise wandte sich das Gebet des Gerechten häufig an Gott mit der Bitte, Dinge auf der Erde in Ordnung zu bringen.
Der Gottesname du Allerhöchster taucht hier das erste von 23 Malen in den Psalmen auf und wird noch zwei weitere Male in Ps 7 verwendet (V. 9.11.18 ), auch wenn etwas andere hebr. Worte benutzt werden. "Der Allerhöchste" spricht von Gottes erhöhter, souveräner Position im Himmel.
D. Beschreibung der Gerechtigkeit Gottes
( 7,11-18 )
Ps 7,11-12
David beschreibt, wie Gott, sein Schild (vgl. den Kommentar zu 3, 4), Gericht über die Gottlosen bringt, indem er die von Herzen Aufrichtigen errettet. Weil Gott ein gerechter Richter ist (vgl. Ps 9,9 ), ist er jeden Tag zornig. Der gehorsame Gläubige kann mit der Tatsache getröstet werden, daß die Schlechtigkeit der Menschen nicht unbemerkt bleibt. Aber sie können auch den Rat annehmen, daß die Rache dem Herrn gehört und er vergelten wird (vgl. 5Mo 32,35; Röm 12,19; Hebr 10,30 ).
Ps 7,13-14
Wie ein Krieger legt Gott seine göttlichen Waffen für die Gottlosen bereit. Schwerter, Bogen (V. 13 ) und Pfeile (V. 14 ) stehen häufig als Bild für Gottes Gerichtsurteil, das die Gottlosen vernichten wird.
Ps 7,15-17
Daraufhin stellt David fest, wie Gott die Gottlosen in ihren eigenen Vorhaben fängt. Wenn jemand Böses ersinnt, wird nicht das beabsichtigte Ergebnis die Folge sein. Statt dessen wird sich das Böse zum Übeltäter zurückwenden (vgl. Grube in Ps 9,16; 35,8; 57,7; Spr 26,27 ). Das ist die Vergeltung Gottes, denn die Bestrafung ist dem Unrecht angemessen (Auge um Auge, Zahn um Zahn usw.; 2Mo 21,24-25 ). Jesus sagt, daß die, "die das Schwert nehmen, durch das Schwert umkommen werden" ( Mt 26,52 ).
Ps 7,18
Der Psalm endet mit einem Gelübde Davids, Gott für seine Gerechtigkeit zu danken und ihn zu preisen ; eine Gerechtigkeit, die sich jetzt in der Erfahrung des Psalmisten erwiesen hat. Wenn er also auch verleumdet und angegriffen worden war, so vertraute David doch für seine Rechtfertigung und Gerechtigkeit von ganzem Herzen auf den gerechten Herrn, den Allerhöchsten.
PSALM 7
Die Juden des Überrestes flehen weiterhin zu dem Herrn, Er möge sie erretten (Ps 7,2.3). Sie sind bestürzt, dass Er die Verfolgung über einen so lange Zeitraum zulässt. Sie geben zu, dass all dies gerechtfertigt wäre, wenn Unrecht in ihren Händen wäre; aber da sie die ganze Zeit in Lauterkeit lebten, behaupten sie, dies nicht zu verdienen (Ps 7,4–6). Dies führt sie ein weiteres Mal dazu, den Herrn im Gebet anzurufen, damit Er in seinem Zorn erscheine und ihre Feinde richte, damit sie selbst am Ende als rehabilitiert dastehen könnten. Die Juden des Überrestes warten in Glaubenszuversicht darauf, dass der Herr die Nationen der Erde richtet, sodass die Bosheit niedergeschlagen und Gerechtigkeit aufgerichtet werden kann (Ps 7,7–10). Zuletzt erscheint – als Antwort auf ihr Rufen – der Herr;8 zunächst zur Errettung des Überrestes (Ps 7,11.12a), aber dann auch um dessen Feinde zu richten (Ps 7,12b-14). Er wird beschrieben als ein Krieger, der die Klinge seines Schwertes schärft und seinen Bogen spannt, um Pfeile auf seine Feinde abzuschießen. In besonderer Weise wird sein Gericht über den Antichristen, den Menschen der Sünde (2. Thes 2,3), hervorgehoben (Ps 7,15–17). Der Psalm endet mit einem Lobpreis des Herrn durch den Überrest. Darin wird sein Titel „der Höchste“ gebraucht. Dies lässt erkennen, dass alle Feinde vernichtet worden sind und das 1000-jährige Reich angebrochen ist (Ps 7,18).
- PSALM 7
Psalm 7 ist eine Anrufung Jehovas aufgrund des gerechten, ja, selbst mehr als gerechten Verhaltens der Heiligen gegen ihre Feinde: Jehova möge aufstehen und erwachen zu dem Gericht, das Er befohlen hat, damit durch die Rettung des Überrestes mittels des Gerichts die Schar der Völkerschaften der Erde Ihn umringe! Dann wird Er die Völker richten. Das zukünftige Gericht wird hier also in bestimmter Weise dargestellt. Doch noch ein anderer Punkt wird hervorgehoben: der Herr richtet (oder beurteilt) den Gerechten; wenn aber ein Mensch nicht umkehrt, sondern in seiner Gesetzlosigkeit vorangeht, so wird Sein Zorn ihn verfolgen.
In diesem allem sehen wir, wie Sich der Geist Christi mit dem jüdischen Überrest verbindet, und in gewissen Beziehungen können wir Christum Selbst entdecken, wie Er durch die Umstände hindurchgeht, die Ihn befähigten, in diejenigen des Überrestes in Wahrheit einzutreten; denn wir haben gesehen, dass ihre Wirkung auf Seine eigene Seele niemals dieselbe ist wie bei dem Überrest. Es handelt sich hier nicht um Seine Geschichte, sondern um Seine Teilnahme an dem Überrest, und es gibt zwei Grundsätze, die Christum auf der Erde und den Überrest in den letzten Tagen miteinander verbinden: einerseits führt Er die Heiligen in Gnade in die Stellung ein, die Er auf der Erde einnahm 1, und andererseits trat Er in die ihrige ein. Die Gerechten haben der Natur und den Grundsätzen ihres Lebens nach die Gefühle des Geistes Christi, so wie dieser Geist sie in ihnen ihrem Zustande gemäß hervorrufen würde. Ihre Bitten sind der Ausdruck davon; und Gott billigt ihre Forderungen (obschon sie selbst kein klares Verständnis darüber haben), indem Er ihnen in den Psalmen die Ausdrücke dafür darreicht. Was sich kundgibt, ist ein Bedürfnis und zugleich ein Begehren, das durch das Leben in ihnen vor dem Herzen Dessen Gültigkeit hat, der die durch Christum gelegte Segensgrundlage in Rechnung bringen kann, so dass Seine Nachsicht gerechtfertigt erscheint, obschon die Gerechtigkeit hinsichtlich der Juden noch nicht offenbart ist. Ihre Kenntnis von dem, was Jehova ist und immer war, sei es im Blick auf ihre Lauterkeit oder ihre Unterdrückung seitens der Feinde, lässt sie eine Errettung erwarten, die unmöglich zu sein scheint 2.
Ehe wir weitergehen, möchte ich noch auf einen kurzen, aber beachtenswerten Ausdruck hinweisen; es ist die Frage: „bis wann?“ die wir in Psalm 4, 2; 6, 3 und anderswo finden. Sie drückt die Glaubenserwartung des Überrestes aus. Gott kann Sein Volk nicht für immer verstoßen: bis wann wird Er so mit ihm handeln, als wenn Er es verstoßen hätte, und Sich um die Unterdrückung nicht kümmern? Daher wird auch an einer anderen Stelle (Ps 74, 9) gesagt: „Keiner ist bei uns, welcher weiß bis wann.“
Als Ganzes betrachtet, geben uns die bisher besprochenen Psalmen also eine allgemeine Darstellung von dem Zustand des Überrestes der Juden vor Gott in den letzten Tagen, sowie von den Grundsätzen, auf denen sie als Gerechte stehen; jedoch finden wir hier noch nicht die starken Ergüsse ihrer Gefühle unter dem schweren Druck der Drangsale. Ist denn Christus fern von ihnen allen? Gewiss nicht, sonst würden die Psalmen nicht da sein. Christus trat durch Sein Mitgefühl in ihre Lage ein, Er bildet darin den Glauben ihrer Herzen durch Seinen Geist und befindet Sich so auf die beste Weise mit ihnen in ihrem niedrigen Zustand. Seine eigenen persönlichen Gefühle, während Er hienieden war, kommen in diesen Psalmen nicht zum Ausdruck 3, obschon Er – kostbare Wahrheit! – durch Seine eigenen Leiden in ähnlichen Umständen gelernt hat, „den Müden durch ein Wort aufzurichten“ (Jes 50, 4).
Fußnoten
- 1Vergleiche z. B. Mt 17,24-27. Diese Stelle könnte nun gewissermaßen als ein Vorausempfang zukünftiger Segnungen betrachtet werden; aber doch offenbarte der Herr den Seinigen den Namen des Vaters.
- 2Die Verse 22-24 in 3. Mose 9 zeigen uns dies in treffender Weise. Die Annahme des Opfers durch Gott war nicht eher ersichtlich, bis Mose und Aaron (Christus als Priester und König) aus dem Zelte der Zusammenkunft, das sie miteinander betreten hatten, herausgekommen waren (V. 24). Dann betete das Volk an. Aber Aaron hatte vorher, in Verbindung mit der Darbietung des Sündopfers usw., das Volk gesegnet. Wir wissen heute durch das Kommen des Heiligen Geistes, dass das Opfer angenommen ist; Er ist aus dem Heiligtum hervorgetreten, während der Priester noch innerhalb des Vorhangs weilt. Infolgedessen kennen wir den vollen Wert der göttlichen Gerechtigkeit.
- 3Damit will ich nicht sagen, dass dies in keinem der Psalmen geschehe (Ps 22 beweist deutlich das Gegenteil), auch nicht, dass in Psalmen, die nicht ganz von Ihm handeln, keine Stelle zu finden sei, die Gefühle, die Er hatte, zum Ausdruck bringe. Ich habe im Laufe dieser Betrachtungen schon mehrere derselben angeführt und den Grundsatz, nach dem sie anzuwenden sind, besprochen. Ich rede hier nur von den Psalmen, mit denen wir gerade beschäftigt sind: Psalm 3-7.