Wir haben uns jetzt mit der Stellung des Überrestes auf einem neuen Boden und von einem anderen Gesichtspunkt aus zu beschäftigen. Christus ist eingeführt worden, allerdings noch nicht in Herrlichkeit, sondern in Seiner Vereinigung mit dem Überrest und in Seinen Leiden selbst bis zum Tode für sie. Daher kann jetzt der Geist Gottes in prophetischer Weise auf alles eingehen, was den Zustand Israels betrifft.
PSALM 25
In Psalm 25 finden wir deshalb zum erstenmal das Bekenntnis von Sünden. Es ist nicht einfach die Rede von der Stellung des Überrestes, wie in den Psalmen 3–7, noch von den Gefühlen desselben in seinen Umständen (und zwar aufgrund der Psalmen 9 und 10), wovon wir in Psalm 11–15 hörten, sondern jetzt wird uns die ganze Lage des Überrestes, so wie dieser sie fühlen wird, vor Augen gestellt. Das erste Wort kennzeichnet den Gläubigen. „Zu dir, Jehova, erhebe ich meine Seele.“ Er drückt sein Vertrauen auf seinen Gott aus und fleht, dass nicht er möge beschämt werden, sondern jene, die treulos handeln ohne Ursache. So wird der Überrest in Vers 3 unterschieden. Der innige Wunsch ist vorhanden, dass Jehova ihm Seine Wege kundtut, dass Er ihn in Seiner Wahrheit leiten und ihn lehren möge, denn Er ist der Gott seines Heils; auf Ihn harrt er stets.
In Vers 6 übergibt der Gläubige sich Gott und der Barmherzigkeit, die Gott erzeigt hat, und fleht zu Ihm, dass Er der früheren Sünden Israels nicht gedenken, sondern um Seiner Güte willen sich erbarmen möge. Er weiß, dass Jehova gütig und gerade ist, und dass Er darum die Sünder in dem Wege unterweisen wird. Gott handelt mit ihnen gemäß Seiner eigenen Natur und Seinem Charakter, wenn Er in Gnade, Güte und Geradheit wirkt. Das ist außerordentlich wichtig. Weiter finden wir den gegenwärtigen Charakter des Überrestes: es sind die Sanftmütigen der Erde, und diese leitet Jehova im Recht. Für sie sind alle Pfade Jehovas Güte und Wahrheit, und sie werden dadurch gekennzeichnet, dass sie Seinen Bund und Seine Zeugnisse treu bewahren. Zugleich bekennt der Gottesfürchtige auf die deutlichste Weise nicht nur die früheren Sünden Israels, sondern auch seine eigenen. Er bittet nur um Gnade (denn seine Ungerechtigkeit ist so groß) und gründet seine Hoffnung nur auf den Namen Jehovas. Das ist sehr schön. Der Name Jehovas, wie dieser in Israel offenbart war, sowie Seine Pfade der Güte und Wahrheit in Israel sind in den vorhergehenden Versen dieses Psalmes ausführlich vorgestellt worden. Doch die Antwort auf das Flehen des Gläubigen, wie sie in dem wirkungsvollen Werke Christi liegt, wird, glaube ich, obwohl die Propheten von demselben geredet haben und es in Gottes Augen die Grundlage von allem bildet, von den Gläubigen des Überrestes zu jener Zeit noch nicht verstanden; sie werden sie auch wohl nicht eher verstehen, als bis sie Den anschauen, den sie durchstochen haben. Aber wenn ihnen dieses Verständnis auch noch fehlt, so kennen sie doch die Wege Gottes sowie Seine Verheißungen und die zahlreichen Erklärungen und Einladungen, ja, herzlichen Mahnungen von Seiten Jehovas in den Propheten, dass, wenn ihre Sünden wie Scharlach seien, sie weißer werden sollten als Schnee. Alles das liegt für sie in dem Namen Jehovas eingeschlossen, und auf ihn blicken sie, indem sie sich, wenn auch nicht genau, in dem Zustand der großen Sünderin befinden, bevor diese die Antwort des Herrn: „Gehe hin in Frieden“ empfangen hatte.
In den Versen 12–14 finden wir die hoffnungserweckende prophetische Antwort des Geistes, in den Versen 15–21 stellt der Sanftmütige seine ganze Lage Jehova vor, und im letzten Verse sieht man das volle Ergebnis und die wahre Bedeutung des Psalmes. Er deckt die ganze Lage des Überrestes vor Jehova auf, und zwar in den Ausdrücken eines Herzens, das durch die Gnade angezogen und unterwiesen ist. Es ist ein sehr vollständiger und bestimmter Ausdruck ihrer Stellung und ihrer inständigen Bitten vor Ihm, und zwar gemäß dem, was Er ist. Einige besondere Punkte werden darin hervorgehoben: das Bekenntnis der früheren Sünden Israels nebst dem Bekenntnis der eigenen Sünden des Redenden. Die Gnade wird als die einzige Hilfsquelle betrachtet. Doch kann man von einem so gnädigen Gott erwarten, dass Er die Sünder unterweist. Diese Sünder sind aber die Sanftmütigen, die die Erde besitzen werden. Lauterkeit des Herzens kennzeichnet sie, und sie vertrauen und harren auf Jehova. Man vergleiche hiermit die wunderschöne Schilderung des Überrestes im Anfang des Evangeliums Lukas. Unser Psalm ist ebenso schön wie charakteristisch.
PSALM 25-34
INHALTSVERZEICHNIS PSALM 25
Dieser Psalm eröffnet eine neue Serie. Er führt uns zurück an den Anfang der Drangsalszeit und damit in die Zeit, zu der die Juden in Massen zurück in ihr Land geführt werden. Unter ihnen offenbart sich früh ein gottesfürchtiger Überrest, der seine Seele aufrichtig zu dem Herrn erhebt (Ps 25,1). Er gibt dem ehrlichen Wunsch Ausdruck, vor dem Einfluss seiner Feinde bewahrt zu bleiben, von dem HERRN geleitet und über seine Wege belehrt zu werden (Ps 25,2–6). Da die Juden dieses Überrestes realisieren, dass sie in der Vergangenheit nicht gemäß Gottes Willen gelebt haben (vielleicht während der Zerstreuung), fürchten sie, Gott könnte sie wegen ihrer Sünden richten. Dies führt sie dazu, ihre Sünden zu bekennen und seine Vergebung zu suchen. Ihr Sündenbekenntnis bezieht sich zunächst ausschließlich auf ihre persönliche Schuld, die sie während ihres Lebens auf sich geladen haben. Es bezieht sich noch nicht auf die Blutschuld durch die Kreuzigung des Herrn Jesus Christus. Letzteres bekennen sie erst später, wenn sie den Herrn bei seinem Kommen sehen (Ps 51,16; Sach 12,10–14).1 Da der Überrest Christus und sein vollbrachtes Werk am Kreuz nicht kennt, hat er kein gereinigtes Gewissen und folglich auch noch keinen Frieden. Er ist jedoch von einer ehrlichen Gottesfurcht und von dem Verlangen gekennzeichnet, von Ihm den Weg gewiesen zu bekommen (Ps 25,7–14). Aufgrund seines aufrichtigen Wunsches, Gott zu gefallen, erleidet der Überrest Hohn von Seiten seiner Brüder, der abtrünnigen Masse der Juden im Land, die kein Herz für Gott haben. Folglich werden sie aus ihrem Elend zu dem Herrn schreien. Von Ihm werden sie ihre Erlösung erwarten, wenn Er erscheinen wird, um Israel zu erlösen (Ps 25,15–22).
Ps 25 https://www.bibelkreis.ch/Psalmen/psalmen_walvoord.html
David wandte sich voller Vertrauen zum Herrn, um göttliche Leitung und Vergebung für seine Ungerechtigkeit aufgrund seiner Gnade für Israel zu empfangen. David sann in diesem Psalm über das Wesen Gottes nach, das den Demütigen dazu führt, mit Bekenntnis und Gebet zu antworten. Der Psalm ist ein Akrostichon, denn jeder Vers beginnt fortlaufend mit einem Buchstaben des hebräischen Alphabetes.
A. Gebet um Leitung und Vergebung
( 25,1-7 )
Der Psalmist schämte sich nicht, sich zum Herrn zu wenden, um um Leitung und Vergebung für die Sünden seiner Jugend zu beten (V. 7 ).
Ps 25,1-3
David betonte sein Vertrauen in seine Hinwendung zum Herrn. Er erhob seine Seele zum Herrn ohne Scham, denn keiner, der auf den Herrn vertraut und hofft (vgl. V. 5.21 ), wird zuschanden werden (vgl. V. 20 ), d. h., daß ihre Gebete erhört werden und Gott ihre Bedürfnisse stillt. Das bildet den Gegensatz zu ihren Feinden und den Treulosen.
Ps 25,4-7
David betete zuerst um Weisung (V. 4-5 ; vgl. V. 9.12 ) und Leitung (V. 5 ; vgl. V. 9 ). Er wünschte sich, daß Gott ihm seine Wege, einschließlich der Wahrheit, zeigen und ihn seine Pfade lehren möge. Dann betete er um Vergebung (V. 6-7 ). Auf der Grundlage von Gottes Gnade und Liebe, die seit Zeitaltern bekannt waren, betete er, daß die Sünden seiner Jugend ihm nicht nachgetragen werden sollten (dreimal betete er: Gedenke nicht ...).
B. Die Wiederholung des Gebetes
( 25,8-22 )
Der Psalmist wiederholte sein Gebet um Leitung auf dem richtigen Weg (vgl. V. 4-5 ) und Vergebung (vgl. V. 6-7 ) für seine niedergedrückte Seele, aber nun war sein Gebet auf das geoffenbarte Wesen des Herrn gegründet.
Ps 25,8-10
David rühmte das Wesen Gottes: Er ist gütig und gerecht, barmherzig und treu . Aufgrund dieser Attribute lehrt er die Sünder und leitet den Demütigen. Sünder brauchen die gnädige Führung des Herrn.
Ps 25,11
Der Psalmist betete um Vergebung für seine große Schuld, um des Namens (seines geoffenbarten Wesens) des Herrn willen.
Ps 25,12-14
Hier beschrieb David den, der den HERRN fürchtet
Es ist jemand, dem sich der HERR mitteilt , indem er ihm seinen Bund offenbart (V. 14 ) und ihn unterweist (V. 12 b; vgl. V. 4-5.8-9 ). Diese Aussagen erinnern den Leser an die Weisheitsliteratur, insbesondere an die Sprüche. Wer den Herrn fürchtet ( Spr 1,7;9,10;15,33;31,30 ), wird durch das Wort des Herrn unterwiesen.
Ps 25,15-22
Der Psalm schließt mit einem Gebet um Gottes gnädige Errettung. David begann mit seiner eigenen Versicherung, daß er auf den Herrn bezüglich seiner Errettung vertraut (V. 15 ), rief Gott um Vergebung für seine niedergedrückte Seele an (V. 18 ; vgl. V. 6-7.11 ) und bat, daß er ihn aus der Not erretten möge, die durch seine grausamen Feinde hervorgerufen worden war (V. 18 ). Noch einmal bat er, daß er in seiner Rettung nicht zuschanden würde (vgl. V. 20 ), und unterstrich seine Hoffnung auf Gott (V. 21 ; vgl. V. 3.5 ; die Hoffnung auf den Herrn wird mehr als zwei dutzendmal in den Psalmen erwähnt). Die letzte Bitte drehte sich um die Errettung Israels aus seinen Nöten (V. 22 ).
Der Psalm verbindet nachdrücklich das Gebet um Errettung und Leitung mit dem Bekenntnis der Sünde. Der Weg des Herrn macht das erforderlich.