Psalm 41 zeigt uns die Glückseligkeit des Menschen, der diese Stellung der Armen der Herde versteht und in dieselbe eintritt (vergleiche Mt 5, 3; Lk 6, 20). Die Worte dieses Psalmes sind die eines Menschen, der zu dem leidenden Überrest gehört – ohne Zweifel sind sie aber auch der Ausdruck der eigenen Erfahrungen des Psalmisten. Es ist einer der Psalmen, aus denen Christus einen Ausdruck entlehnt, um zu zeigen, wie Er am Ende Seines Lebens, als Er in die Leiden des Überrestes eintrat, diese in all ihrer Bitterkeit geschmeckt hat. Doch der Arme wird in seiner Lauterkeit aufrechterhalten und vor das Angesicht Jehovas gestellt. Der scheinbare Triumph der Gottlosen ist nur von kurzer Dauer.
Hiermit schließt das erste Buch, in dem wir im großen ganzen die Erfahrungen des Überrestes finden, bevor er aus dem Lande vertrieben ist, oder wenigstens die Erfahrungen solcher, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Bundesname „Jehova“ wird angewandt. Daher wird die Stellung Christi beleuchtet, insoweit Er kam und Sich den Armen der Herde auf der Erde zugesellte und in Trübsal und Lauterkeit inmitten des Bösen wandelte. Der letzte Psalm (41) hat nicht Ihn zum Gegenstand, wie Vers 4 zeigt.
Wie schon früher gesagt, bilden die ersten acht Psalmen eine Einleitung, in der die ganze Szene vor uns entrollt wird in ihren Grundsätzen und in ihren Ergebnissen nach dem Vorsatz Gottes; dann zeigen Ps 9 und Ps 10 uns die wirklichen geschichtlichen Umstände der Juden in den letzten Tagen. So bildet, was die geschichtlichen Tatsachen betrifft, der Zustand der Juden die Grundlage und den Gegenstand des ganzen Buches, während zugleich völlig dargestellt wird, in welcher Weise Christus in ihre Leiden eintreten und sie durch Sein Beispiel ermutigen konnte. Sein ganzes Leben in der Mitte der Nation geht vor unseren Blicken vorüber, aber ganz besonders das Ende desselben, als Er, nachdem Er die Gerechtigkeit Gottes in der großen Versammlung verkündigt hatte, in die tiefen Leiden der letzten Stunden Seines Weges auf der Erde eintrat, die bis zu dem Verlassenwerden von Gott führten. Dennoch war dieser Pfad für Ihn (und Gott sei Dank! sicherlich für uns) der Weg des Lebens.
In dieser Reihe von Psalmen hat Psalm 40 insofern ein besonderes Interesse für uns, als er uns nicht nur die Geschichte Christi und Seine Treue mitteilt, sondern uns auch zeigt, wie Er Sich Selbst freiwillig darbietet, um alles zu vollenden, was die Ratschlüsse des Vaters von Ihm forderten, und wie Er dann im Gehorsam ausharrt, bis es Jehova gefällt einzuschreiten. Und dann kann Er das neue Lied singen. Von diesem Einschreiten Gottes war die Auferstehung das feierliche Zeugnis, durch die Er, wie wir in Psalm 22 gesehen haben, dieses Lied in so vielen anderen Herzen erweckt oder vielmehr hervorgebracht hat. Wie gewöhnlich geben auch hier die drei ersten Verse den Grundgedanken des Psalmes an, das Weitere teilt dann alles mit, was zu diesem Ergebnis geführt hat, nur geht hier der Geist Gottes bis zu dem Punkte zurück, wo Christus Sich zuerst anbot, das Werk zu vollbringen.
In Psalm 41 wird der Leser die beiden Charakterzüge bemerken, die wir bereits als den Überrest kennzeichnend hervorgehoben haben, nämlich daß der Gläubige seine Sünde bekennt (V. 4) und zugleich seine Lauterkeit betont (V. 12). Wir sehen, dass Christus den Psalm auf Sich Selbst anwendet, obwohl es sich darin nicht um Ihn handelt, indem Er zeigt, wie Er den Platz einnahm, auf den der Inhalt des Ganzen sich bezieht. Die Stolzen und Gottlosen konnten den sanftmütigen, demütigen und vielleicht gezüchtigten Überrest verachten und niedertreten. Doch hier ist es mehr der falsche und verräterische Geist solcher, von denen der Gläubige eigentlich hätte erwarten müssen, daß er sich auf sie verlassen könne. Die Glückseligkeit findet sich bei denen, die Verständnis haben, bei den Sanftmütigen und Demütigen, die gezüchtigt werden; denn sie verstehen die Wege Gottes. Der Sanftmütige wartet auf den Herrn, wenn Seine Hand auf ihm liegt. Der Punkt, um den es sich in diesem Psalm handelt, ist die Glückseligkeit solcher, die mit Verständnis in die Stellung derer eintreten, mit denen Sich Jehova beschäftigt, Diesen Platz nahm Christus völlig ein, obwohl Er nicht mit Krankheit gezüchtigt wurde.
PSALM 41
Dieser Psalm beschließt das erste Buch der Psalmen, indem er die Situation der Juden des Überrestes zusammenfasst. Er bildet eine Art Anhang, welcher die Grundzüge ihrer Position erneut formuliert. Sie werden hier leidend unter den Verfolgungen der Drangsalszeit gesehen („Zeit der Drangsal“: Dan 12,1). Doch es ist ihre Zuversicht, dass der Herr sie bewahren wird (Ps 41,2–4). Wir finden hier auch die Demütigung und das Sündenbekenntnis des Überrestes (Ps 41,5–9). Doch in erster Linie beschreibt der Psalm den Verrat des Antichristen („der Mann meines Friedens (d. h. mein Freund)“), der den Angriff auf den Überrest leiten wird (Ps 41,10.11). Der Psalm endet mit der Befreiung des Überrestes. Nun steht dieser mit Lobpreis erfüllt vor dem Herrn (Ps 41,12–14).
Fußnoten
- 1Der „Gottlose“ (V. 2) steht in diesem Psalm in der Einzahl. Dann bezieht es sich immer auf den Antichristen. Später in Psalm 37,14-34 (Anm. d. Übers.: auch schon hier in V. 12) wird die Mehrzahl „die Gottlosen“ gebraucht, was sich immer auf die abtrünnige Volksmasse bezieht, die dem Antichristen folgt.
- 2Hierbei handelt es sich noch nicht um das Bekenntnis ihrer Blutschuld am Tod des Herrn (Ps 51,16). Dahin werden sie erst bei seiner Erscheinung gelangen.
- 3Zuvor schrie der Überrest um Befreiung vor den Gottlosen (Ps 37,40 usw.). Doch jetzt ruft er um Befreiung vor seinen eigenen Sünden.
Ps 41
In diesem Psalm vermittelte David der Versammlung, daß diejenigen, die dem Bedürftigen beistehen, selbst Errettung erfahren. In diesem Zusammenhang erinnerte sich David an sein Gebet um Rache für diejenigen, die kein Erbarmen mit ihm hatten, sondern aus seiner Krankheit ihren Vorteil suchten. Ps 41 lehrt das Gebet um Hilfe bei Treulosigkeit.
A. Die Barmherzigen erfahren Barmherzigkeit
( 41,2-4 )
Ps 41,2
Der Psalm beginnt mit der allgemeinen Erläuterung, daß der Herr dem Gnade erweisen wird, der sich des Schwachen annimmt. Solch eine Haltung erkennt Gott an und belohnt sie entsprechend.
Ps 41,3-4
Der besondere Segen für den Barmherzigen schließt auch Bewahrung und Sicherheit in dem Land ein (vgl. Ps 37,9.11.22.29 ). Auch der Herr wird ihn nicht seinen Feinden preisgeben und ihn in seiner Krankheit aufrecht halten.
B. Die Vergeltung für Treulosigkeit
( 41,5-11 )
Noch immer sprach der Psalmist zur Versammlung und wies darauf hin, daß der Herr auf gerechte Art und Weise diejenigen bestrafen wird, die die Leidenden ausnutzen. David erläuterte diese Gedanken, indem er sein früheres Gebet wiederholte.
Ps 41,5-11
David hatte in seinem Gebet den Wunsch nach Heilung ausgedrückt, nachdem er seine Sünde bekannt hatte (V. 5 ). Trotzdem beklagte er die Tatsache, daß seine Feinde seinen Zustand ausnutzten. Sie wünschten seinen Tod herbei (V. 6 ), sie heuchelten Freundschaft, während sie ihn verleumdeten (V. 7 ), und sie sagten, daß er ganz gewiß nicht überleben würde (V. 8-9 ). Sogar sein vertrauter Freund hatte ihn verraten ( seine Ferse gegen ihn erhoben ; V. 10 ). Diese Worte wurden von Jesus zitiert, als er von Judas sprach ( Joh 13,18 ). David benannte hier konkret die Treulosigkeit seines Freundes Ahitofel, der ihn verraten und sich dann selbst erhängt hatte ( 2Sam 16,20-17,3.23 ).
Davids Gebet resultierte teilweise aus seinem Wunsch, seinen Widersachern ihre Treulosigkeit zu vergelten ( Ps 41,11 ).
C. Die Errettung wegen seiner Rechtschaffenheit
( 41,12-14 )
Ps 41,12-13
David hatte Gott direkt angesprochen und bemerkte, daß Gott ihn vor seinen Feinden errettet hatte (vgl. V. 2 ), weil er rechtschaffen gewesen war.
Ps 41,14
Dieser Lobgesang (vgl. Ps 106,48 ) bildet den Abschluß des ersten Hauptabschnittes (Buch I) der Psalmen.
II. Buch II
( Ps 42-72 )
In Buch II haben 7 Psalmen ( Ps 42;44-49 ) die Überschrift "Von den Söhnen Korachs". Ein Psalm in Buch II stammt von Asaf ( Ps 50 ), 20 von David ( Ps 51-70 ), bei 3 Psalmen wird der Name des Autors nicht genannt ( Ps 43;67;71 ), und ein Psalm stammt von Salomo ( Ps 72 ).