Ps 62
Dieser Psalm spiegelt Davids tiefes Vertrauen auf den Herrn wider, das er trotz des Widerstandes besaß. Er wartete in der Stille auf Gott, seine Stärke und Sicherheit, zur Errettung vor seinen arglistigen Feinden. Der Psalm stellt die Sicherheit des Vertrauens auf Gott mit der Unsicherheit des Verlasses auf menschliche Gedanken gegenüber. Der Psalm ist in drei Strophen mit je vier Versen unterteilt.
A. Ruhe in Gott, wenn die Feinde angreifen
( 62,2-5 )
Ps 62,2-3
Das Thema dieses Psalmes wird in Vers 2 genannt. David schrieb, daß er in Stille auf Gott wartete. Meine Seele findet alleine in Gott Ruhe (vgl. V. 6 ) heißt wörtlich: "Nur zu Gott ist meine Seele stille." Nur zu Gott schaute David mit völliger Ruhe auf. Er wußte, daß er, weil Gott sein Fels (vgl. den Kommentar zu Ps 18,3 ), seine Rettung und seine Feste (vgl. den Kommentar zu Ps 46,8 ) war, nicht wanken konnte (vgl. Ps 62,7 und den Kommentar zu Ps 15,5 ). So wie sich Kämpfer in einer uneinnehmbaren Festung geborgen fühlen, so wußte sich David beim Herrn in Sicherheit.
Ps 62,4-5
Dieses Vertrauen rief bei David Erstaunen über diejenigen hervor, die ihn bestürmen wollten. Das Bild einer wackeligen Mauer bedeutet Schwäche und Anfälligkeit für Gefahren. So wie Männer eine Stadtmauer oder eine Mauer umstürzen, so versuchten die Gottlosen, David zu stürzen, den sie für verwundbar hielten. Sie hofften, das durch Lügen zu erreichen. Mit ihren Worten segneten sie David, aber in ihrem Herzen verfluchten sie ihn.
B. Vertrauen auf Gott zu jeder Zeit
( 62,6-9 )
Ps 62,6-9
David wiederholte, daß er in Stille auf den Herrn harre und bekannte, daß seine einzige Hoffnung bei Gott läge (vgl. Ps 25,5.21;33,20;39,8;71,5 ). Noch einmal versicherte er, daß Gott die Quelle seiner Sicherheit (sein Fels), seine Errettung und seine Feste (vgl. Ps 62,3 ) wäre und daß er sich deshalb in Sicherheit befände (er konnte nicht wanken ; vgl. den Kommentar zu Ps 15,5 ). Gott war seine Rettung und seine Herrlichkeit (Ehre). Ohne Gottes vielfache Errettung wäre David längst von seinen Widersachern überwältigt worden.
Deshalb wies der Psalmist die Frommen an, Gott in gläubigem Vertrauen ihr Herz auszuschütten und zu erkennen, daß er ihre Zuflucht ist ( maHseh , "Schutz vor Gefahr"; vgl. Ps 14,6; 46,2; 61,4; 71,7; 73,28; 91,2.9 ).
C. Gott wird jeden belohnen
( 62,10-13 )
Ps 62,10-11
Der Psalmist sprach die Warnung aus, daß es töricht sei, auf Menschen zu vertrauen. Er beschrieb, wie vergänglich das Leben ist, ganz gleich, ob sich ein Mensch in hoher oder niedriger Position befindet. Die Menschen sind nur ein Hauch ( heBel , "ein Dampf"; vgl. Ps 39,6.12; 144,4 und den Kommentar zu Pred 1,2 ). Sie sind so unbedeutend, daß sich, wenn sie gewogen würden, die Waagschalen noch nicht einmal bewegen würden. Ihre Macht richtet gegen Gott nichts aus. Deshalb soll der Mensch nicht auf die mächtigen Taten der Gottlosen vertrauen. Auf Reichtümer ist kein Verlaß (vgl. Spr 11,28; 23,5; 27,24 ).
Ps 62,12-13
Der Psalmist stellte dem die Aussage Gottes gegenüber, daß er die Macht in Händen hält. David hörte Gott zwei Dinge sagen: Gott ist mächtig , und der Herr ist gnädig . So wird jedem sein Teil in Gerechtigkeit zugemessen. Wieviel besser ist es doch, in Gott, dem Mächtigen, Ruhe zu finden als bei den Anschlägen der Menschen.
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PSALM 62
In diesem Psalm erhebt sich der Glaube und die Zuversicht der Gläubigen des gottesfürchtigen Überrestes noch höher. Obwohl das Böse um sie herum siegt, sind sie in der Lage, friedlich in Gott zu ruhen und auf ihre Befreiung zu warten. Dabei ermutigen sie einander, allein auf Gott zu vertrauen (Ps 62,8).
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PSALM 62
In Psalm 62 kommt das Vertrauen noch mehr zum Ausdruck; hier haben wir nicht das Flehen eines niedergebeugten Herzens, sondern ein freies Aufschauen, so dass der Gläubige nicht zu Boden geworfen wird. Die Seele wartet auf Gott, sie hat in der Tat nichts anderes, aber sie begehrt auch nichts anderes. Sie wartet auf Gott und fragt zugleich: „Bis wann?“ Gott wird gewisslich zur rechten Zeit einschreiten, und dann wird es sich zeigen, wem die Macht gehört. Der Psalm ist der Ausdruck persönlicher Gefühle und kann von jedem Gläubigen des Überrestes ausgesprochen werden. Bis wann werden sie gegen einen Mann Böses ersinnen? Was ist ihr Ziel? Warum hassen sie ihn und trachten danach, ihn durch Falschheit von seinem Platz wegzustoßen – von dem Platz der Segnung Gottes, auf den Er den Gottesfürchtigen in Israel gestellt hat? Indes finden diese Worte ohne Zweifel ihre besondere Anwendung auf Christum als auf den Einen, der Sich wirklich auf diesem Platz befunden hat und gegen den sich ihre ganze Bosheit richtete, um Ihn von Seiner Höhe zu stoßen. Er ist es auch, der das jüdische Volk auffordert, ihr Vertrauen auf Gott zu setzen und ihre Herzen vor Ihm auszuschütten, und indem Er Sich mit ihnen auf diesen Platz stellt, sagt Er nicht nur: „Meine Zuflucht ist in Gott“, sondern auch: „Gott ist unsere Zuflucht.“ Indem er sagt: „Meine Zuflucht“, zeigt Er, dass Er sie besaß; doch diese Verständigen werden die Menge unterweisen und viele von ihnen zur Gerechtigkeit weisen (vgl. Dan 12,3 und Jes 53,11). Vor allem hat dies der eine wahre Verständige getan. Sie sollen nicht auf die Großen und Gewalttätigen der Erde vertrauen. Die Stärke ist Gottes, und Sein ist die Güte. Sie sollen auf Ihn als auf einen Gott der Gerechtigkeit vertrauen und in Lauterkeit wandeln und sich nicht durch die Wohlfahrt der Gesetzlosen verleiten lassen; denn Adonai (der Herr) wird einem jeden vergelten nach seinem Werke. Die Gottlosen trachten danach, die Armen der Herde niederzuwerfen, da sie trotz allem sich doch bewusst sind, dass die Hoheit Gottes mit diesen und besonders mit Christo ist. Das ist die Veranlassung zu diesem Psalm, der den Glauben der Heiligen zum Ausdruck bringt und das Volk ermahnt, nicht auf die Großen der Erde, sondern auf Gott zu vertrauen. jene sind auf der Erde erhöht, aber die wahre Erhöhung von Seiten Gottes ist bei Christo und bei denen, die also wandeln, die Gott fürchten und der Stimme Seines Knechtes gehorchen.