Ps 69
David bat Gott, ihn vor der Vernichtung zu erretten, denn er ertrug Schande und die Ablehnung von seinen Freunden um des Herrn willen. Er betete, daß Gott die Grausamkeit seiner Unterdrücker vergelten möge, und blickte dem allumfassenden Lob Gottes und seiner Wiederherstellung entgegen.
A. Davids Feinde haßten ihn ohne Grund
( 69,2-5 )
Ps 69,2-5
In seinen Nöten wandte sich der Psalmist an den Herrn. Er gebrauchte das Bild des Ertrinkens, um zu verdeutlichen, daß er sich an der Schwelle des Todes befand und gestorben wäre, wenn Gott ihn nicht errettet hätte. Seine Nöte waren durch die zahllosen Feinde entstanden, die ihn vertilgen wollten. Sie haßten ihn ohne Grund (vgl. Ps 35,19 ) und zwangen ihn, seine Besitztümer abzugeben (die er nicht gestohlen hatte).
B. Davids Eifer um das Haus Gottes
( 69,6-13 )
Ps 69,6-13
David wollte Gott zum Handeln für ihn herausfordern, denn er litt wegen seines Eifers für den Herrn. Auch wenn er ein Sünder war (V. 6 ), war das nicht der Grund seiner jetzigen Bedrängnis. Statt dessen litt er um des Herrn willen (V. 8 ). Seine eigenen Verwandten haßten ihn, obwohl er Eifer für den Herrn hatte (V. 9-10 ). Ihre Beschimpfungen, die eigentlich Gott galten, richteten sich nun gegen David. Als ihn der Kummer drückte, fastete er (ein Zeichen der Trauer; vgl. Ri 20,26; 1Sam 31,13; 2Sam 12,16; 1Kö 21,27; Neh 1,4 ) und trug Sackkleider (ebenfalls ein Zeichen der Trauer; vgl. 1Mo 37,34; 1Kö 21,27; Neh 9,1; Est 4,1-4; Ps 30,12; 35,13; Kl 2,10; Dan 9,3 ). Sogar dann sangen seine Feinde (einschließlich der Richter, die in den Toren saßen) und die Trunkenbolde Spottlieder über David.
C. David betete zum Herrn
( 69,14-29 )
Ps 69,14-19
Der Psalmist bat den Herrn, ihn vor dem bevorstehenden Tod zu erretten. Zu Gottes Zeitpunkt ( der Zeit deiner Gnade ) und aus seiner Liebe ( HeseD ; V. 14.17 ) und Gnade heraus sollte Gott David rasch von seinem Elend und seiner Bedrängnis (vgl. den Kommentar zu Ps 31,3 ) erretten ( Ps 69,15.19 ) und erlösen ( pADCh ; vgl. den Kommentar zu Ps 26,11 ). Noch einmal gebrauchte David das Bild des Wassers , das ihn fast ertrinken ließ (vgl. Ps 69,3 ).
Ps 69,20-22
David fand Vertrauen in dem Wissen, daß Gott von ihren Anschuldigungen wußte (vgl. Schmähungen in V. 11 ). Gott wußte auch von der schlechten Behandlung Davids durch seine Feinde (sie gaben ihm Galle ( rO?S , möglicherweise eine giftige Pflanze) zu essen und Essig zu trinken). Das Wort für Speise ( bArUT ) steht für eine Mahlzeit, die "ein Trauernder von engen Freunden erhält. Der Gebrauch des Wortes betont die Heuchelei ihres Verhaltens" (A. Cohon, The Psalms , S. 219).
Ps 69,23-29
In der Verwünschung seiner Feinde betete David darum, daß ihre eigene Speise ihnen zum Verhängnis werden solle, daß ihre Augen verfinstert werden sollten, so daß sie nichts sehen konnten, und daß ihre Rücken vor Kummer gebeugt werden sollten. Er bat darum, daß sie vom Zorn Gottes überwältigt werden und ihre Wohnungen wegen ihres Todes wüst werden sollten. Diese Strafen waren gerecht, denn sie hatten dem Volk Gottes übel zugesetzt (V. 27 ).
David betete im Anschluß daran, daß Gott sie für schuldig befinden und aus dem Buch des Lebens auslöschen sollte (vgl. Offb 20,15 ). In der Bibel steht das Öffnen bestimmter Bücher für das Gericht (vgl. Dan 7,10; Offb 20,12 ). Es scheint so, als ob Gott die Namen der Frommen "auflistet". Aber selbstverständlich hat Gott in seiner Allmacht keine schriftliche Niederlegung nötig. Die Betonung liegt darauf, daß die Gottlosen an Gottes ewigem Segen keinen Anteil haben.
D. Der Herr erhört den Elenden
( 69,30-37 )
Ps 69,30-34
David betete noch einmal in seiner Bedrängnis, daß der Herr seine Rettung sein (vgl. V. 14 ) und ihn bewahren möge. David harrte voller Vertrauen auf die Rettung Gottes und gelobte, den Herrn zu preisen. Er wußte, daß Dank Gott mehr gefällt als das Opfer eines Rindes oder eines Stieres. Hörner waren ein Zeichen dafür, daß das Tier erwachsen war; nur Tiere mit gespaltenen Hufen durften geopfert werden ( 3Mo 11,3 ). Die Elenden und die Bedürftigen (vgl. Ps 70,6 ) sollten die Rettung Gottes an David sehen und Freude und Ermutigung erfahren. Sie erhielten die Bestätigung, daß der Herr auch ihr Rufen erhören werde, weil er sein Eigentum nicht verachtet.
Ps 69,35-37
David rief zum allumfassenden Lobpreis Gottes in Vorausahnung seiner Errettung des ganzen Volkes und der Besiedlung des Landes durch Israel auf.
In diesem Psalm steht das Gebet um Errettung vom Leiden um des Herrn willen im Vordergrund. Teile des Psalmes haben sich in Christus erfüllt: Er wurde gehaßt (V. 5 ; vgl. Joh 15,25 ), er eiferte ( Ps 69,10; vgl. Joh 2,17 ), und er bekam am Kreuz Essig zu trinken ( Ps 69,22; vgl. Mt 27,48 ). So deutet der Psalm in einigen Teilen auf Christus hin. Er ist die Verkörperung der Gerechten, die um ihres Eifers willen, Gottes Willen zu tun, Verfolgung erleiden.
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PSALM 69
Mit diesem Psalm beginnt die letzte Serie des zweiten Buches der Psalmen. Er führt uns erneut zurück in die Zeit der großen Drangsal, in welcher der gottesfürchtige jüdische Überrest unter dem Antichristen zu leiden hat. Die Gläubigen dieses Überrestes werden von ihren abtrünnigen Brüdern ohne Grund gehasst (Ps 69,2–7). Doch der Herr nimmt umfänglich Anteil an ihrem Schmerz. Den Hass, der ihnen vom jüdischen Volk entgegenschlägt, fühlte Er genauso, als Er am Kreuz vom Volk ohne Grund gehasst wurde (Joh 15,23–25). Während sie den Hohn ihrer Brüder wegen ihres Eifers für den HERRN tief empfinden (Ps 69,8–13), rufen sie zu Ihm um Befreiung (Ps 69,14–22). Die Juden des Überrestes beten für das Verderben der gottlosen jüdischen Nation, durch welche sie unterdrückt werden (Ps 69,23–29). Dabei ist es ihre einzige Ermutigung, nach vorne zu schauen auf die Zeit, wenn der Herr im Gericht zu ihren Gunsten eingreifen wird. Dieser Blick führt sie zu Freude, Dankbarkeit und Lobpreis (Ps 69,30–37).
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https://www.bibelkommentare.de/komme...is/psalm-68-72 PSALM 69
Der in diesem inhaltsreichen Psalm geschilderte Seelenzustand erfordert die ernsteste Beachtung und eine eingehende Untersuchung. Wir haben bisher stets den Überrest Israels oder Christum in Seiner Vereinigung mit ihm vor uns gehabt, und das ist auch hier der Fall. Der Redende ist ohne Zweifel zunächst David, und doch spricht augenscheinlich ein Größerer als er. Die Lage, in der Er Sich befindet, ist folgende. Er ist in der tiefsten Trübsal, versunken in tiefen Schlamm, und muss vor Gott die Schwere der Torheit und der Sünden fühlen, die Ihn in diese Lage gebracht haben. Er sieht sich umringt von zahlreichen und mächtigen Feinden, die ohne Grund Ihm feind sind. Um was für Sünden es sich auch handeln mag, Er persönlich ist treu gewesen. Der Eifer um das Haus Gottes hat Ihn verzehrt, und Er erduldet Schmähungen um des Gottes Israels willen. Darum bittet Er, dass Seine Lage nicht ein Stein des Anstoßes für andere werden möchte, indem sie sähen, wie Einer, der so treu gegen Gott war, solche Leiden und Trübsale finden musste. Indes ist Er nicht von Gott verlassen. Im Gegenteil, Sein Gebet ist zu Jehova zur Zeit der Annehmung. Er erwartet, erhört zu werden nach der Größe der Güte Gottes und nach der Wahrheit Seines Heils. Seine Feinde sind der Gegenstand Seiner Klage; dennoch sieht Er Sich von Gott geschlagen und inmitten solcher, die Gott verwundet hat. Er verlangt nach Vollziehung der Rache an den Menschen; es ist nicht das Zeugnis der Gnade.
Dies alles entspricht vollständig dem Zustand des Gerechten in dem Überrest Israels. Er erkennt seine Sünden an, all die Sünden seines Volkes. Doch er erduldet Schmähungen und unbegründete Feindschaft für den Namen des Gottes Israels; und je treuer er ist, desto mehr hat er zu leiden. Doch der Glaube lässt ihn erkennen, dass er zu einer Zeit der Annehmung zu dem Gott Israels betet (das ist, wie wir gesehen haben, der Charakter der vorhergehenden Psalmen); dennoch befindet er sich in der größten Drangsal. Seine Augen schwinden hin, harrend auf seinen Gott. Seine Sorge um das Wohl Israels und seine Ergebenheit gegenüber den Schmähungen machen ihn nur zum Gegenstand ihres Gespöttes. Er wartet auf die Vernichtung seiner Widersacher und Verfolger, denen Gnade nichts nützen kann (sie wollen keine), und er ist überzeugt, dass Jehova auf die Armen hört und Seine Gefangenen nicht verachtet. Die ganze Schöpfung wird aufgefordert, Ihn zu loben; denn Gott wird Zion retten und die Städte Judas bauen, damit sie darin wohnen und es besitzen. Alles das ist genau der Zustand und das Gefühl des treuen Überrestes.
In Vers 21 jedoch, und auch in Vers 9, obwohl dieser allgemeiner angewandt werden kann, finden wir etwas, das in Christo seine buchstäbliche Erfüllung gefunden hat. Die Anführung des 22. Verses in dem Briefe an die Römer leitete uns zu demselben Schluss. Noch viele andere Verse unseres Psalmes finden, obwohl sie auch auf andere anwendbar sein mögen, ihre völlige Anwendung auf Christum. Doch redet Er hier, wie bereits bemerkt, durchaus nicht als von Gott verlassen. Der Inhalt des Psalmes bezieht sich auf Sein Leben; dennoch geht die Beschreibung der Leiden Christi bis zu Seinen Leiden auf dem Kreuze, aber ohne dass eine Spur von Gnade und Güte aus denselben hervorginge. Es ist der Anteil, den der Mensch an diesen Leiden hat, nicht das Verlassensein von Gott; und darum wird um Gericht über den Menschen gebeten, nicht aber eine Gnade angekündigt, die durch Gerechtigkeit herrscht. Zugleich werden aber auch Übertretungen vor Gott bekannt, und der die Verfolgungen erduldet, ist Einer, den Gott geschlagen hat. Daher kann ich nicht anders, als in diesem Psalm Christum sehen, wie Er nach Seinem gerechten Leben (zufolge dessen Er die Schmach erlitt, und das Er, soweit es sich um die dasselbe leitenden Grundsätze handelt, wiederholt darstellt) mit Herz und Sinn in die Leiden und Drangsale Israels eintritt, in die sie sich im Blick auf die Regierung Gottes selbst gebracht hatten. Es handelt sich hier aber keineswegs um ein Verlassen- oder Verworfensein; das war das Teil Christ! allein, als Er die Sünde trug und deren Sühnung vollbrachte. Doch Israel ist von Gott geschlagen und verwundet, und daran konnte Christus Anteil nehmen, weil Er im höchsten und vollständigsten Sinne (obwohl das nicht im allgemeinen der Gegenstand dieses Psalmes ist) von Gott geschlagen war. Es handelt sich hier um die Verfolgung von Seiten der Juden; aber der Verfolgte war von Gott geschlagen, und Er fühlte, wie schrecklich die Gottlosigkeit war, die Ihn höhnte und schmähte, Ihn, der jenen bitteren Kelch nahm, den wiederum unsere Sünden gefüllt hatten. Christus wurde auf dem Kreuze von Gott geschlagen, und Er fühlte den Hohn und die Schmach, mit denen man Ihn überhäufte.
Was die Vergehungen betrifft, die in Vers 5 ins Gedächtnis gerufen werden 1, so denke ich, dass sie mit der Regierung Gottes bezüglich Israels in Verbindung stehen, und dass, obwohl die Tatsache des Geschlagenseins erwähnt wird, doch keineswegs dessen sühnende Kraft hier behandelt wird. Nur Gericht wird hier erbeten, und das ist nicht die Frucht der Versöhnung (vgl. Ps 22). Aber gerade aus diesem Grunde gibt uns unser Psalm ein völligeres Verständnis über all die persönlichen Leiden Christi zu jener Zeit, wogegen er das Leiden, in dem Christus völlig und gänzlich allein stand, Sein Sühnungswerk, unerwähnt lässt. Dieses Leiden ist so unermesslich groß, dass es, wenn es uns allein offenbart worden wäre, alle anderen Leiden, die Er als Mensch zu jener Zeit zu erdulden hatte, in den Schatten gestellt haben würde. Diese letzteren Leiden finden wir – Gott sei dafür gepriesen – in diesem Psalm; die Leiden, die jenen gewaltigen Akt, das Geschlagenwerden Christi von Seiten Gottes, begleiteten.