Ps 86
Weil Gott gütig ist und gerne vergibt und weil er in unvergleichlicher Weise dazu in der Lage ist, große Dinge zu vollbringen, bat ihn der Psalmist, seine Stärke trotz der Stolzen und ihres Widerstandes zu demonstrieren.
Der Psalm stammt von David. Vieles findet sich hier aus anderen Psalmen wieder. Dennoch ist der Psalm hinsichtlich seines Schwerpunktes im Buch der Psalmen einzigartig.
A. Gebet um Bewahrung
( 86,1-5 )
Ps 86,1-5
David bat in seinem Gebet ernstlich darum, daß Gott doch erhören, antworten, bewahren, retten, gnädig sein und ihn erfreuen möge, denn er war arm und elend (vgl. den Kommentar zu Ps 37,14 ). In der Hauptsache bat David hier darum, daß Gott ihn durch seine Gnade bewahren möge (vgl. Ps 25,20 ). David nannte sich einen Knecht , der auf den Herrn vertraut und der seine Seele zu Gott erhebt (vgl. Ps 25,1 ).
Davids Gebet stützte sich darauf, daß Gott freundlich und bereit ist, zu vergeben, und überreichlich liebt (vgl. Ps 86,15; 2Mo 34,6 ).
B. Lobpreis der Macht Gottes
( 86,6-13 )
Ps 86,6-10
David wiederholte seinen Anruf an den Herrn, daß er ihn doch erhören möge. Sein Vertrauen darauf, daß Gott ihm in seiner Not anworten werde, wurde von seinem Wissen bestärkt, daß der Herr mit niemand zu vergleichen ist ( niemand ist dir gleich ; vgl. 2Mo 15,11 ) und daß der Herr das tun kann, worum ihn David gebeten hatte ( nichts kann mit deinen Taten verglichen werden ). Menschen aus allen Völkern werden ihm dienen, und er allein ist der große Gott. Der Gedanke der unvergleichlichen Größe Gottes findet auch im siebenmaligen Gebrauch des Wortes Herr ( ?XDOnay ) durch den Psalmisten Ausdruck, wodurch Gottes Herrschaft und Souveränität betont wird ( Ps 86,3-5.8-9.12.15 ).
Ps 86,11-13
Der Psalmist betete um Unterweisung, so daß er Gott in seiner Güte noch treuer sein konnte. Er wollte gerne den Weg Gottes erkennen, so daß er sich mit ungeteilter Treue Gott hingeben konnte. Zusätzlich gelobte er, Gottes Größe von ganzem Herzen (vgl. Herz , V. 11 ) zu preisen. David wurde durch Gottes Liebe vom Tod errettet.
C. Bitte um Stärke
( 86,14-17 )
Ps 86,14-17
Weil sich die Stolzen gegen David erhoben hatten, bat er Gott um Stärke. Seine Feinde waren ruhelos und hatten den Herrn nicht vor Augen . Aber im Gegensatz dazu ist der Herr mitleidig (vgl. Ps 111,4 ), gnädig, langsam zum Zorn, barmherzig und treu (vgl. 2Mo 34,6; Neh 9,17; Ps 103,8;145,8; Joe 2,13; Jon 4,2 ). Davids Gebet um "Stärke" im Angesicht seines Verderbens hatte in Gottes Größe seine Grundlage. David hatte auch um ein Zeichen der Güte Gottes gebeten, d. h. um seine Errettung, so daß andere sehen und erkennen konnten, daß Gott gehandelt hatte.
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PSALM 86
Obwohl die Israeliten des Überrestes (die zehn Stämme) in ihr Land zurückgekehrt (Ps 84) und vor dem Herrn wiederhergestellt sind (Ps 85), zeigt dieser Psalm, dass sie in ihrem verheißenen Erbteil noch nicht völlig zur Ruhe gekommen sind.11 Bedrängnis durch die sie umgebenden Feinde („die Rotte der Gewalttätigen“ Ps 86,14) führt sie dahin, zum Herrn um Bewahrung zu rufen (Ps 86,1–7). Sie geben ihrer Zuversicht Ausdruck, dass der Herr in Kraft erscheinen wird, um ihre Feinde zu besiegen bis Ihm alle Nationen unterworfen sein werden (Ps 86,8–10). Des Überrestes Anerkennung der Macht des Herrn findet ihren Ausdruck in dem siebenfachen Gebrauch des Namens „Herr“ (Adonai), welcher sich auf die Ausübung seiner allmächtigen Herrschaft bezieht. Im Gegensatz dazu bezieht sich „HERR“ (Jehova) auf seine Bündnisbeziehung zu Israel. Sie erinnern sich an die wunderbare Errettung, die Er für sie bewirkt hat, als Er ihre früheren Feinde vernichtete und nun vertrauen sie, dass Er dasselbe mit der „Rotte der Gewalttätigen“ tun wird, die gegen sie aufgestanden ist (Ps 86,13–17). Der Feind („die Gewalttätigen“) ist in diesem Fall Assyrien und in seiner letzten Form ist es Russland.12 Die Prophetie offenbart, dass es sich um die russischen Truppen (Gog) handelt, die von Norden kommend versuchen werden, das wiederversammelte Israel zu überwältigen (Hes 37–39, insbesondere Hes 38,11.12). Ihr gottloser Atheismus offenbart sich darin, dass sie den Herrn nicht „vor sich gestellt“ haben (Ps 86,14).
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PSALM 86
Psalm 86 enthält das demütige und doch vertrauensvolle und zuversichtliche Gebet einer Seele, die sich ihrer frommen Gefühle gegen Jehova bewusst ist und auf die Ergebnisse der Verbindung mit Ihm wartet. Von Psalm 84 an finden wir immer wieder „Jehova“, was darin seinen Grund hat, dass der Überrest fühlt, dass er in diesen Bundesbeziehungen steht, obwohl der volle Segen im Lande noch nicht gekommen ist. Er befindet sich noch in Trübsal, denn das Volk ist weder erwacht, noch in seine Bundessegnungen im Lande eingeführt.
Unser Psalm enthält drei Bitten. In Vers 1 lesen wir: „Neige, Jehova, dein Ohr und erhöre mich!“ Der Bittende wendet sich an Jehova, damit Er dem Gebet in Gnaden Sein Ohr leihen möge. Dann in Vers 6, dass Er horchen möge auf die Stimme seines Flehens; das heißt, der Bittende erwartet, dass seine Bitte gewährt werde. Und drittens fleht er in Vers 11 zu Jehova, dass Er ihn den Weg der Wahrheit lehren möge. Sodann erkennt der Überrest die Erbarmungen Gottes in dem schrecklichen Kampf, in dem er sich befindet, an: aber er, der so schreit, wartet noch auf Gottes Eingreifen zu seinen Gunsten, damit seine Hasser beschämt werden, weil Jehova ihm geholfen und ihn getröstet hat. Wie lässt die Lage des Überrestes, gleich der Geschichte Hiobs, den großen Kampf zwischen der Macht Satans und der göttlichen Rettung hervortreten! Aber in diesem Kampf erkennt die gottesfürchtige Seele, so tief sie auch geführt werden mag, an, dass Jehova die Quelle von allem ist, obwohl ihre Füße beim Anblick der Wohlfahrt der Gesetzlosen nahe daran sein mögen, auszugleiten. Dieser Psalm ist nicht der Ausdruck der Klage oder der bitteren Herzensbetrübnis, sondern das Flehen einer Seele, die zwar arm und bedürftig ist, aber den Trost der Güte Jehovas geschmeckt hat.
Man beachte den Unterschied zwischen den Namen Gottes: Herr (Adonai) und Jehova. Jehova ist, wie schon wiederholt bemerkt, der Bundesname, den Gott in unveränderlicher Treue Israel gegenüber angenommen hat; Adonai dagegen bezeichnet jemanden, der Macht an sich genommen hat und der gegenüber denen, die Ihn anrufen, als Herr dasteht. Darum erkennen wir tatsächlich Christum in dieser Stellung uns gegenüber an: Er ist „unser Herr Jesus Christus“. So wird es auch bei den Juden sein; indes wird es nicht eher völlig geschehen, als bis sie Ihn sehen werden. Dieser Adonai ist Elohim (Gott). Tod und menschliche Gewalt stehen vor den Augen der Gottesfürchtigen; doch haben sie zugleich den Trost eines von ihnen gekannten Jehova als Stütze. Sie hatten Rettung gefunden; aber sie war noch nicht vollständig hinsichtlich der Segnung. Der Psalm ist seinem wesentlichen Inhalt nach die fromme Berufung des ins Land zurückgekehrten treuen Überrestes auf Jehova; und im allgemeinen kann man sagen, dass er Gefühlen und einer Stellung Ausdruck gibt, in die Christus völlig eingetreten ist, wenngleich er nicht unmittelbar auf Ihn angewandt werden kann.