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J.D. Pentecost; Bibel und Zukunft - Teil 2 - Kapitel 5

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  • J.D. Pentecost; Bibel und Zukunft - Teil 2 - Kapitel 5

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    Teil 2 - KAPITEL V
    DER ABRAHAMITISCHE BUND

    Einleitung

    Die Bündnisse, von denen die Schrift berichtet, sind für den Schriftausleger und den
    Studenten der Eschatologie von größter Wichtigkeit. Gottes eschatologischer Heilsplan ist
    durch diese Bündnisse festgelegt und verordnet. Unser eigenes eschatologisches System
    wird durch ihre Auslegung bestimmt und begrenzt, so daß diese Bündnisse als die Basis
    biblischer Eschatologie sorgfältig studiert werden müssen.

    Dabei ist zu Beginn dieser Untersuchung festzuhalten, da sich die biblischen Bündnisse
    stark von den theologischen Bundesarten unterscheiden, welche von Bundestheologen
    postuliert werden. Sie sehen in den Zeitaltern der Geschichte eine Entwicklung des Bundes
    zwischen Gott und den sündigen Menschen, demzufolge Gott aufgrund des Todes Christi
    alle rettet, die im Glauben zu Ihm kommen. Die Bundesarten der Bundestheologen kann
    man wie folgt zusammenfassen:


    Der Bund der Erlösung (Tit.1,2; Hebr.13,20), in den - wie gewöhnlich von Theologen
    angenommen wird - die Personen der Gottheit vor aller Zeit eintraten und dann ihren
    jeweiligen Teil des großen Erlösungsplans übernahmen, der ihnen auch gegenwärtig
    noch obliegt, wie das Wort Gottes offenbart. In diesem Bund gibt der Vater den Sohn,
    der Sohn gibt sich dem Vater als ein fleckenloses, wirksames Opfer, der Geist verwaltet
    und befähigt während der ganzen Bundesdauer bis zu dessen Erfüllung. Die Lehre über
    diesen Bund gründet sich nur zu einem geringen Teil auf Offenbarungen. Vielmehr stürzt
    sie sich vor allem darauf, daß sie sowohl vernünftig als auch unvermeidlich erscheint.

    Der Bund der Werke, womit die Theologen die Segnungen Gottes bezeichnen, die Er
    den Menschen anbietet und an menschliche Leistungen knüpft. Vor dem Sündenfall war
    das Verhältnis Adams zu Gott durch diesen Bund der Werke bestimmt. Solange der
    Mensch nicht gerettet ist, empfindet er eine innere Verpflichtung, dem Wesen nach
    seinem Schöpfer zu entsprechen und dessen Willen zu tun.

    Der Bund der Gnade, mit diesem Begriff meinen die Theologen alle Aspekte göttlicher
    Gnade gegenüber den Menschen zu allen Zeiten. Gott kann gnädig und zugleich gerecht
    sein, weil der göttlichen Gerechtigkeit im Tod Christi Genüge getan wurde.
    1
    ——
    ——————————————————————

    1 Lewis Sperry Chafer, Systematic Theology, I, 42
    ————————————————————————

    Zwar findet sich in der Position der Bundestheologen vieles, was mit der Schrift überein-
    stimmt. Dennoch erklärt die Bundestheologie die Eschatologie der Schrift völlig unzurei-
    chend, denn sie ignoriert das große Feld biblischer Bündnisse, die bestimmend für den
    gesamten eschatologischen Heilsplan sind. Dazu Lewis Sperry Chafer:


    Die theologischen Begriffe Bund der Werke' und 'Bund der Gnade tauchen in den
    Heiligen Schriften nicht auf. Wenn man sie aufrechterhalten will, kann das nur im
    völligen Abseits von der biblischen Autorität geschehen .... Die reformierte Theologie ist
    zu einem großen Teil auf dieser menschlichen Erfindung der zwei Bundesarten aufgebaut
    worden. Sie sieht die empirische (auf Erfahrung gegründete) Wahrheit, daß Gott Sündern
    nur durch das Befreitsein vergeben kann, das durch das Opfer Seines Sohnes - das in der
    alten Ordnung vorgeschattet und in der neuen Ordnung verwirklicht wurde - sicherge-
    stellt ist. Dabei unterläßt es diese Theologie gänzlich, die Ziele der Zeitalter, die ver-
    schiedenen Beziehungen Gottes zu den Juden, den Nationen und der Gemeinde mit den
    daraus resultierenden, unterschiedlichen menschlichen Verpflichtungen, die direkt und
    unvermeidlich im Zusammenhang mit dem Wesen dieser jeweils spezifischen Beziehung
    zu Gott stehen, zu unterscheiden. Eine Theologie, die gerade so tief in die Schrift ein-
    dringt, daß sie erkennt, daß Gottes Gnade zu allen Zeiten unwandelbar dem bußfertigen
    Sünder gegolten hat und dann aufgrund dieser einen Wahrheit von der unwandelbaren
    Gnade, die Idee einer universellen Gemeinde entwirft, die es zu allen Zeiten gegeben
    habe, läßt nicht nur weite Bereiche der Offenbarung außer acht, sondern erntet zugleich
    Verwirrung und Irreführung, wie sie Teilwahrheiten zwangsläufig verursachen.
    1

    Diese Studie beschäftigt sich demnach nicht mit den Bundesarten, die in der reformierten
    Theologie eine Rolle spielen, sondern vielmehr mit den entscheidenden Bündnissen, die in
    der Schrift selbst dargestellt werden.


    a) Der schriftgemäße Gebrauch des Wortes 'Bund'

    Wenn man eine Konkordanz zu Rate zieht, stellt man fest, daß das Wort 'Bund' sowohl
    im Alten als auch im Neuen Testament häufig auftaucht. Es wird verwendet, wenn es um
    die Beziehungen zwischen Gott und Menschen, zwischen Menschen und zwischen Nationen
    geht. Es wird in bezug auf zeitlich begrenzte und auf ewige Dinge gebraucht. So berichtet
    die Schrift von weniger bedeutenden und befristeten Bündnissen. Bündnisse wurden
    zwischen einzelnen Personen (1.Mo.1,32; 1.Sam.18,3), zwischen Einzelnen und einer
    Gruppe (1.Mo.26,28; 1.Sam.11,1-2) und zwischen Nationen geschlossen (2.Mo.23,32;
    34,12; Hos.12,2). Es gab Bündnisse im sozialen Bereich (Spr.2,17; Mal.2,14). Gewisse
    Naturgesetze wurden als Bund angesehen (Jer.33,20.25). Mit Ausnahme des letztgenannten

    ————————————————————————

    1 Ebd., IV, 156.
    ————————————————————————
    Bundes, den Gott im Blick auf Unbelebtes festsetzte, regelten all diese Bundesschlüsse die
    zwischenmenschlichen Beziehungen.

    Daneben nennt die Schrift fünf bedeutende Bündnisse, die alle von Gott mit den Men-
    sehen geschlossen wurden. Lincoln faßt sie zusammen:


    Die vier bedingungslosen Bündnisse, in denen die Formel ICH WILL' bzw. ICH
    WERDE auftaucht, finden sich (1) in 1.Mo.12,1-3, wo diese Formel direkt bzw. unaus-
    gesprochen siebenmal vorkommt; (2) in 5.Mo.30,1-10, wo die Formel direkt oder indirekt
    zwölfmal auftaucht; (3) in 2.Sam. 7,10-16, wo sie siebenmal verwendet wird und (4) in
    Jer.31,31-40 wo sie siebenmal zu finden ist. Der bedingte Bund mit der Formel 'WENN
    IHR.. WERDET' findet sich (5) in 2.Mo.19,5ff und in 5.Mo.28,1-68: Wenn du ... genau
    gehorchst.. Segnungen' (Verse 1-14); Wenn du ... nicht gehorchst .. Flüche' (Verse 15-
    68)1


    Es sollte klar sein, daß sich eschatologische Studien weder mit den unbedeutenderen
    Bündnissen der Menschen untereinander, noch mit dem mosaischen Bund, den Gott mit den
    Menschen schloß, befassen, da all diese Bündnisse zeitlich befristet und für die zukünftigen
    Dinge nicht entscheidend sind. Eschatologische Studien befassen sich also lediglich mit den
    vier ewigen, von Gott eingesetzten Bündnissen, durch die Er sich auch hinsichtlich des
    prophetischen Heilsplans verpflichtet hat.


    b) Definition eines Bundes

    Ein Bund kann wie folgt definiert werden:

    Ein göttlicher Bund ist (1) eine souveräne Verfügung Gottes, durch den Er einen bedin-
    gungslosen oder erklärenden Vertrag mit den Menschen schließt, wobei Er sich aus
    Gnade durch die uneingeschränkte Formel ICH WERDE' verpflichtet, den Bündnispart-
    nern bestimmte Segnungen zukommen zu lassen. Er ist (2) ein Angebot Gottes, in dem Er
    in einem bedingten oder wechselseitigen Vertrag mit den Menschen durch die Formel
    'WENN DU ... WIRST' verspricht, den Menschen bestimmte Segnungen zu gewähren,
    vorausgesetzt, sie erfüllen gewissenhaft die erforderlichen Bedingungen. Andernfalls
    droht eine festgesetzte Bestrafung.
    2

    Gewöhnlich gebraucht man das Wort Bund', wenn man von einem legalen Vertrag
    Spricht, in den man eintritt und durch den man den eigenen Handlungsspielraum ein-

    ————————————————————————

    1 Charles Fred Lincoln, The Covenants, Seite 26.
    2 Ebd., Seiten 25-26.

    ————————————————————————
    schränkt. Es ist zu beachten, daß unsere Definition von dieser üblichen Verwendung des
    Wortes nicht abweicht.


    c) Die Arten der Bundesschlüsse

    Es gibt zwei Arten von Bündnissen, die Gott mit Israel geschlossen hat: bedingte und
    bedingungslose. Bei den bedingten Bündnissen hing deren Erfüllung vom dem Empfänger
    des Bundes ab und nicht von dem, der den Bund gemacht hatte. Der Empfänger mußte
    bestimmte Pflichten und Bedingungen erfüllen, bevor der Geber des Bundes verpflichtet
    war, seine Versprechungen einzulösen. Es waren Bündnisse, denen ein
    "wenn" beigefügt war. Der mosaische Bund, den Gott mit Israel schloß, war solch ein Bund.
    Bei einem bedingungslosen Bund dagegen hing dessen Erfüllung allein von dem ab, der den Bund
    geschlossen hatte. Hier besteht kein Zweifel, daß der Empfänger des Bundes das Verheiße-
    ne unabhängig von seinem Verhalten aufgrund der Autorität und Integrität dessen, der den
    Bund geschlossen hatte. Einem solchen Bund ist niemals ein "wenn" beigefügt.

    Um nun richtiges Denken in diesem Punkt sicherzustellen, muß man beachten, daß auch
    mit einem bedingungslosen Bund - der den Einsetzer des Bundes zu einer bestimmten
    Handlungsweise verpflichtet - Segnungen verbunden sein können, deren Eintreten von dem
    Verhalten der Bundesempfänger abhängt. Allerdings ändern diese bedingten Segnungen
    nicht den bedingungslosen Charakter dieses Bundes. Da oft nicht bedacht wurde, daß auch
    einem bedingungslosen Bund bestimmte bedingte Segnungen beigefügt sein können, haben
    sich viele zu der Annahme verleiten lassen, da bedingte Segnungen notwendig einen
    bedingten Bund voraussetzen. Durch diese Position wurde das wesentliche Charakteristikum
    von Israels entscheidenden Bundesschlüssen verdreht.


    d) Das Wesen der Bundesschlüsse

    Es gibt bestimmte Tatsachen, die man bei den Bundesschlüssen, in die Gott eingetreten
    ist, beachten muß.

    1. Erstens sind all diese Bundesschlüsse wörtliche Bündnisse und als solche auch wörtlich
    auszulegen. Peters behauptet hierzu treffend:


    Bei allen irdischen Verhandlungen, bei denen ein Versprechen gegeben, eine Verein-
    barung getroffen oder ein Vertrag geschlossen wird, bei der eine Partei der anderen eine
    wertvolle Zusage macht, ist es überall in der Welt üblich, die getroffene Vereinbarung
    anhand der wohlbekannten, grammatischen Sprachgesetze bzw. anhand des üblichen
    Sprachgebrauchs zu erklären. Es würde als oberflächlich und absurd angesehen, sie in
    einem anderen Licht betrachten zu wollen.

    ... das eigentliche Wesen eines Bundes erfordert es, daß er so formuliert und so klar
    ausgedrückt wird, daß er von eindeutigem Gewicht ist. Er sollte nicht so vieldeutig und

    mystisch formuliert sein, daß es jahrhundertelangen Abwägens bedarf, um seinen Sinn zu
    ermitteln.1


    Eine solche Auslegung stünde in Übereinstimmung mit der etablierten, wörtlichen Aus-
    legungsmethode.


    2. Zweitens sind diese Bundesschlüsse gemäß der Schrift ewig. Darauf weist Lincoln hin:
    Alle Bundesschlisse Israels werden als ewig bezeichnet, mit Ausnahme des mosaischen
    Bundes, der für zeitlich befristet erklärt wird. Er sollte nur bis zum Kommen des verhei-
    Benen Samens andauern. Dazu weitere Einzelheiten: (I) Der abrahamitische Bund wird
    in 1.Mo.17,7.13.19; in 1.Chr. 16,17 und in Ps.105,10 als ewig " bezeichnet. (2) Der Bund
    der Landverheißung wird in Hes. 16,60 'ewig' genannt. (3) Der davidische Bund wird in
    2.Sam.23,5; Jes.55,3 und in Hes.37,25 als 'ewig" charakterisiert. (4) Der Neue Bund
    erhält in Jes.24,5; 61,8, in Jer.32,40; 50,5 und in Hebr. 13,20 die Bezeichnung ewig'
    2

    3. Drittens müssen diese Bundesschlüsse ihrem Wesen nach als bedingungslos angesehen
    werden, insoweit sie wörtlich sowie ewig sind, und insoweit sie in ihrer Erfüllung allein
    von der Integrität (der Lauterkeit) Gottes abhängen. Dieser Punkt wird weiter unten
    ausführlicher erwogen werden.

    4. Schließlich wurden diese Bündnisse mit dem Bundesvolk Israel geschlossen. In
    Röm.9.4 erklärt Paulus, daß das Volk Israel die Bundesschlüsse vom Herrn empfangen hat.
    Umgekehrt stellt er in Eph.2,11-12 fest, daß die Nationen solche Bündnisse nicht empfin-
    gen und folglich auch keine Bundesbeziehung zu Gott genießen. Diese beiden Bibelstellen
    zeigen also, daß - negativ ausgedrückt - die Nationen ohne Bundesbeziehungen waren und
    daß Gott - positiv ausgedrückt - in eine Bundesbeziehung zu Israel getreten war.3


    I. Die Wichtigkeit des abrahamitischen Bundes

    Das erste der vier großen, entscheidenden Bündnisse, die Gott mit dem Volk Israel
    schloß, war der abrahamitische Bund, der als Grundlage für den ganzen Heilsplan des
    Bundes.

    Die Schrift ist voll von Bezügen auf diesen Bund, den Gott mit Abraham einging, und
    der für viele verschiedene Bereiche von Bedeutung ist. So ist dieser Bund von großem
    Einfluß auf die Lehre vom Erlösungswerk Christi. Paulus zeigt im Galaterbrief, daß die an
    Christus Gläubigen in die Segnungen eingehen, die Abraham zugesagt waren".4 Auch im

    ————————————————————————

    1 G.N.H.Peters, The Theocratic Kingdom, I, 290-291.
    2 Lincoln, a.a.O., Seite 181.
    3 Vgl. ebd., Seiten 174-176.
    4 Galater 3,14.29; 4,22-31.

    ————————————————————————
    Römerbrief argumentiert Paulus mit Hilfe dieser dem Abraham zugesagten Bundesverhei-
    Bung1. Unmittelbar nach dem Sündenfall des Menschen offenbarte Gott Seine Absicht, für
    die Rettung der Sünder Sorge zu tragen. Nach und nach entfaltete Er den Menschen Seinen
    Heilsplan. In diesem Zusammenhang bedeuteten die Verheißungen an Abraham ein deutli-
    ches Fortschreiten Seiner Offenbarung.


    Durch den Bund mit Abraham wurde der göttliche Plan spezifischer, detaillierter, ver-
    traglich festgelegt, genau umrissen und sicher. Spezifisch, da der Bund Abraham von
    seinem Geschlecht unterschied und ihn hervorhob: detailliert, durch das vermehrte Auf-
    zeigen von Einzelheiten der Rettungsabsicht ; vertraglich festgelegt, durch die eindeutige
    Darlegung, daß der Messias direkt aus der Linie Abrahams kommen, und sein 'Same' sein
    würde; genau umrissen, durch die Tatsache, daß Gott als sein Gott in die Bundesbezie-
    hung eintreten würde; und sicher, da dieser Bund durch einen Eid bekräftigt wurde.
    2

    Ferner hat dieser Bund einen großen Einfluß auf die Lehre von der Auferstehung. Die
    unveräußerliche Verheißung des Bundes diente dem HERRN als Grundlage, um den
    Unglauben der Sadduzäer in bezug auf die Auferstehung zu widerlegen3. Da diese die
    Möglichkeit der Auferstehung leugneten, betonte der Herr, daß die Auferstehung nicht nur
    möglich, sondern sogar notwendig sei. Gott hatte ja sich selbst als der Gott Abrahams,
    Isaaks und Jakobs geoffenbart (2.Mo.3,15). Mit diesen Männern hatte Er einen Bund
    geschlossen, und da sie gestorben waren, ohne die Erfüllung der Verheißungen zu erleben
    (Hebr.11,13), ist es einfach eine Notwendigkeit für Gott - da der Bund nicht gebrochen
    werden kann - sie aus den Toten aufzuerwecken, um an ihnen Sein Wort zu erfüllen. Als
    Paulus vor Agrippa seine Lehren verteidigt, verbindet er die an die "Väter gescheheneVerheißung"
    mit der Auferweckung der Toten (Apg.26,6-8). Somit wird die Tatsache der
    leiblichen Auferstehung durch den HERRN und Paulus mit der Notwendigkeit begründet,
    daß Gott Seinen Bund erfüllen muß, selbst wenn dies die leibliche Auferstehung erforder-
    lich macht. Folglich hängt die Tatsache der Auferstehung der Gläubigen mit der Art des
    Bundes zusammen, den Gott mit Abraham schloß4.
    Daneben hat dieser Bund ganz entscheidenden Einfluß auf die Eschatologie. Die ewigen
    Aspekte dieses Bundes, die Israel eine beständige, nationale Existenz, immerwährenden
    Rechtsanspruch auf das verheißene Land und die Zuverlässigkeit der materiellen und

    ————————————————————————

    1 Römer 4,1-25.
    2 Peters, a.a.O., I, 293
    3 Matthäus 22,23-32.
    4 Vgl. Peters, a.a.O., I, 295-297.

    ————————————————————————
    geistlichen Segnungen durch Christus garantieren und den heidnischen Nationen eine
    Teilnahme an diesen Segnungen versprechen, bestimmen den ganzen eschatologischen
    Heilsplan des Wortes Gottes. Dieser Bund wurde zum Samen, der die späteren Bundes-
    schlüsse, die Gott mit Israel einging, hervorbrachte. Die wesentlichen Punkte des abrahami-
    tischen Bundes - Land, Samen, Segen - werden in den nachfolgenden Bundesschlüssen
    erweitert. Dazu liefert Lincoln folgenden Vergleich:


    Die Beziehungen zwischen den ewigen, gnädigen Bundesschlüssen Gottes mit Israel
    lassen sich wie folgt darstellen1:

    ————————————————————————
    ————————————————————————
    Der grundlegende Bund mit Abraham Die anderen Bundesschlüsse
    1. Die Verheißung, Land zu geben.
    (1.Mo.12,1;13,14-15.17).
    1. Der Bund der Landverheißung gab
    Israel die spezielle Zusicherung einer
    endgültigen, beständigen Wiedereinset-
    zung in das Land. (5.Mo.30,3-5;
    Hes.20,33-37;42-44.).
    2. Die Verheißung der nationalen und
    universellen Erlösung. (l.Mo.12,3;
    22,18; Gal.3,16).
    2. Der Neue Bund hat insbesondere mit
    Israels geistlicher Segnung und Erlö-
    sung
    zu tun. (Jer.31,31-40; Hebr.8,6-13
    etc.).
    3. Die Verheißung einer zahlreichen
    Nachkommenschaft, einer großen Na-
    tion. (1.Mo.12,2; 13,16; 17,2-6 etc.).
    3. Der davidische Bund hat es mit Ver-
    heißungen für eine Dynastie, für die
    Nation und für den Thron zu tun.
    (2.Sam.7,11.13.16;Jer.33,20-21;31,35-
    37, etc.).
    ————————————————————————
    ————————————————————————
    So kann man sagen, daß die Zusagen hinsichtlich des Landes im abrahamitischen Bund
    in dem Bund der Landverheißung, die Verheißungen in bezug auf den Samen im davidi-
    schen Bund und die Segensverheißungen im Neuen Bund weiter entfaltet werden. Der
    abrahamitische Bund bestimmt also die ganze zukünftige Entwicklung des Volkes Israel
    und spielt eine entscheidende Rolle in der biblischen Eschatologie.

    ————————————————————————

    1 Lincoln, a.a.O., Seiten 206-207.
    ————————————————————————
    I. Die Bestimmungen des abrahamitischen Bundes

    Der mit Abraham geschlossene Bund (1.Mo.12,1-3), der später bekräftigt und erweitert
    wurde (1.Mo.12,6-7; 13,14-17; 15,1-21; 17,1-14; 22,15-18) verlieh einen Rechtsanspruch
    auf bestimmte, grundlegende Verheißungen. Diese kann man wie folgt zusammenfassen:

    Die Verheißungen Gottes:


    01.Abrahams Name wird groß werden.
    02.Er wird zu einer großen Nation werden.
    03.Er wird ein so großer Segen sein, daß in ihm alle Geschlechter der Erde gesegnet werden.
    04.Ihm persönlich und seinem Samen wird Palästina für immer als Erbe gegeben.
    05.Seine Nachkommen werden so zahlreich werden wie der Staub der Erde.
    06.Wer ihn segnet, soll gesegnet werden, und wer ihn verflucht, soll verflucht werden.
    07.Er wird der Vater vieler Nationen werden.
    08.Könige werden aus ihm hervorgehen.
    09.Der Bund wird ein beständiger, ewiger Bund sein.
    10.Das Land Kanaan wird sein ewiger Besitz sein.
    11.Gott wird ihm und seinen Nachkommen Gott sein.
    12.Seine Nachkommenschaft wird das Tor ihrer Feinde in Besitz nehmen.
    13.In seinem Samen werden alle Nationen der Erde gesegnet werden.
    1

    Wenn wir diese einzelnen Verheißungen näher untersuchen, werden wir sehen, daß
    bestimmte Verheißungen Abraham persönlich galten, während ihm - als dem Vater Israels
    andere nationale Verheißungen gegeben wurden, die das Volk Israel betreffen. Schließlich
    empfing er bestimmte universelle Segnungen, die allen Nationen gelten. Dazu Walvoord:
    Die Sprache des abrahamitischen Bundes ist klar und eindeutig. Über die Stiftung des
    ursprünglichen Bundes berichtet 1.Mo.12,1-3. Im Anschluß daran wird der Bund dreimal
    bestätigt bzw. erweitert (1.Mo.13,14-17; 15,1-7; 17,1-18). Einige der Verheißungen
    werden Abraham persönlich gegeben, einige Abrahams Nachkommen und einige gelten
    den Nationen, 'allen Geschlechtern der Erde' (1.Mo.12,3).

    Die persönlichen Verheißungen: Abraham wird verheißen, daß er zum Vater vieler
    Nationen werden wird (I.Mo.12,2),... neben dem 'eigentlichen Samen' wird er Könige
    und Nationen hervorbringen (1.Mo.17,6). Gott verheißt Abraham Seinen persönlichen
    Segen. Sein Name wird groß und er selbst zu einem Segen werden...

    Die Verheißungen für Abrahams Nachkommenschaft: .. Sie soll zu einer großen
    (1.Mo.12,2) und unzählbaren (1.Mo.13,16; 15,5) Nation werden. Dem Volk wird der

    ————————————————————————

    1 Peters, a.a.O., Seiten 293-294
    ————————————————————————
    Besitz des Landes verheißen .. der abrahamitische Bund wird ausdrücklich als
    'ewig (1.Mo.17,7), das Land als 'ewiger Besitz' (1.Mo.17,8) bezeichnet.
    Die Verheißung für die Nationen: 'Allen Geschlechtern der Erde' wird Segen
    verheißen (1.Mo.12,3). Es ist nicht näher erläutert, wie dieser Segen aussehen wird.
    Wahrscheinlich wird diese allgemeine Verheißung auch eine allgemeine Erfüllung fin-
    den.1

    Wenn man sich mit der Entfaltung dieses Bundes befaßt, ist es von äußerster Wichtigkeit,
    die verschiedenen Geltungsbereiche der Verheißungen klar im Gedächtnis zu behalten.
    Denn wenn man Bundesverheißungen eines Bereiches auf einen anderen überträgt, wird das
    bei der folgenden Auslegung einzig Verwirrung mit sich bringen. So dürfen persönliche
    Verheißungen nicht ohne weiteres auf Israel und Verheißungen für Israel nicht auf die
    Nationen bezogen werden.


    III. Das Wesen des abrahamitischen Bundes

    Der abrahamitische Bund behandelt den Rechtsanspruch Israels auf das Land Palästina,
    den Fortbestand Israels als die das Land besitzende Nation und die Erlösung Israels, die
    erforderlich ist, damit die Israeliten die (verheißenen) Segnungen in ihrem Land unter
    ihrem König genießen können. Es ist deshalb von größter Bedeutung zu bestimmen, auf
    welche Weise sich dieser Bund erfüllt. Wenn sich die Verheißungen wörtlich erfüllen, dann
    muß Israel Bestand haben, sich bekehren und wiederhergestellt werden. Wenn es ein
    bedingungsloser Bund ist, dann sind entsprechende Ereignisse in Israels nationalem Leben
    unvermeidlich. Die Antwort auf diese Fragen entscheidet über die eigene eschatologische
    Position im ganzen.


    a) Das bedingte Element im Heilsplan des Bundes mit Abraham

    Als Abraham noch bei Terach wohnte und ein Götzendiener war (Jos.24,2), sprach Gott
    zu ihm und befahl ihm, Ur zu verlassen, obwohl dies eine Reise in ein fremdes Land
    bedeutete, das er nicht kannte (Hebr. 1 1,8). Gott gab ihm bestimmte, besondere Verheißun-
    gen, die von seinem Gehorsamsschritt abhingen. Abraham, der zunächst nur teilweise
    gehorchte, da er sich nicht von seinen Verwandten trennte, reiste nach Haran (1.Mo.11,31).
    Erst nach dem Tod seines Vaters (1.Mo.11,32) begann Abraham, etwas von der Verheißung
    Gottes zu erfassen, denn erst zu diesem Zeitpunkt führte Gott ihn in das Land (1.Mo.12,4)
    und bekräftigte dort die ursprüngliche Verheißung (1.Mo.12,7). Es ist wichtig zu beachten,
    inwieweit dieser Bund Gehorsam voraussetzte. Ob Gott dort in einen Bundes-Heilsplan mit
    Abraham eintreten würde oder nicht, hing davon ab, ob Abraham im Gehorsam das Land

    ————————————————————————

    1 John F. Walvoord, "Millennial Series", Bibliotheca Sacra, 108:415-417, October 1951.
    ————————————————————————
    verlassen würde. Als dies geschehen war und Abraham Gott gehorchte, stiftete Gott einen
    unwiderruflichen, bedingungslosen Bund. Auf diesen Gehorsam, der die Grundlage für die
    Aufstellung des Bundesplans war, wird in 1.Mo.22,18 Bezug genommen. Hier war die
    Bereitschaft zur Opferung Isaaks ein weiterer Beweis für Abrahams Haltung gegenüber
    Gott. Walvoord arbeitet diesen Sachverhalt klar heraus, wenn er schreibt:


    Wie die Schrift zeigt, ist der abrahamitische Bund lediglich von einer einzigen Bedingung
    abhängig, die in 1.Mo.12,1 genannt wird ... Der ursprüngliche Bund basierte auf Abra-
    hams Gehorsam, seine Heimat zu verlassen und in das verheißene Land zu ziehen. Er
    erhielt keine weitere Offenbarung, bis er nach dem Tod seines Vaters diesem Befehl
    gehorsam war. Als er das Land Kanaan erreichte, gab der HERR ihm sofort die Verhei-
    Bung, das Land endgültig zu besitzen (1.Mo.12,7), worauf Er in der Folgezeit die ur-
    sprünglichen Verheißungen erweiterte und wiederholte.

    Nachdem die eine Bedingung erfüllt war, wurden Abraham keine weiteren Bedingungen
    auferlegt. Nachdem der Bund (daraufhin) feierlich geschlossen worden war, hing seine
    Erfüllung fortan von der göttlichen Wahrhaftigkeit ab.
    1

    Ob es überhaupt zu einem Bundesplan mit Abraham kommen würde, hing von Abrahams
    Gehorsamsschritt ab. Als er aber einmal gehorcht hatte, hing der dann geschlossene Bund
    nicht von dem beständigen Gehorsam Abrahams, sondern von dem Versprechen des Einen,
    der den Bund eingeführt hatte, ab. Die Tatsache der Bundesentstehung war also von
    Gehorsam abhängig. Die Art des dann eingeführten Bundes aber war völlig unabhängig von
    dem fortwährenden Gehorsam Abrahams und seiner Nachkommen.


    b) Argumente zur Unterstützung des bedingungslosen Charakters des Bundes

    Die Frage, ob der abrahamitische Bund bedingt oder bedingungslos ist, wird als die Crux2
    der ganzen Diskussion über das Problem der Erfüllung des abrahamitischen Bundes
    angesehen. Zahlreiche Argumente wurden vorgelegt, um die Behauptung der Prämille-
    nialisten zu unterstützen, daß das Wesen des Bundes bedingungslos sei. Walvoord nennt
    zehn Gründe für den bedingungslosen Charakter des Bundes. Er argumentiert:


    (1) Bis auf den mosaischen Bund sind alle Bündnisse, die Gott mit Israel schloß, bedin-
    gungslos. Der abrahamitische Bund wird in zahlreichen Abschnitten ausdrücklich als
    ewig und damit als bedingungslos bezeichnet (1.Mo.17,7.13.19; 1.Chr.16,17; Ps.105,10).
    Auch der Bund der Landverheißung wird als ewig beschrieben (Hes. 16,60). Entsprechen-
    des gilt für den davidischen Bund (2.Sam.7,13.16.19; 1.Chr.17,12; 22,10; Jes.55,3;

    ————————————————————————

    1 Walvoord, a.a.O., Seiten 109-137.
    2 Crux: große Schwierigkeit.

    ————————————————————————
    Hes. 37,25). Schließlich ist auch der neue Bund mit Israel ewig (Jes.61,8; Jer:.32,40; 50,5;Hebr 13,20).

    (2) Bis auf die eine ursprüngliche Bedingung, sein Heimatland zu verlassen und in das
    verheißene Land zu gehen, ist der Bund an überhaupt keine Bedingungen geknüpft.....

    (3) Der abrahamitische Bund wird durch Wiederholungen und Erweiterungen mehr-
    mals bekräftigt. Dabei wird nicht ein einziges Mal eine der zusätzlichen Verheißungen an
    die Treue Abrahams oder seiner Nachkommen gebunden. ... Es wird nichts darüber
    gesagt, daß er von der künftigen Treue Abrahams oder seiner Nachkommenschaft
    abhängt.

    (4) Der abrahamitische Bund wurde durch ein von Gott angeordnetes Ritual, bei dem
    Blut floß und man zwischen den Stücken der Opfertiere hindurchging, feierlich geschlos-
    sen (I.Mo.15,7-21; Jer.34,18). Diese Zeremonie sollte Abraham versichern, daß seine
    Nachkommen das Land exakt in den von Gott genannten Grenzen erben würden
    (1.Mo.15,18-21). Dieser Verheißung werden auch im Kontext keine Bedingungen irgend-
    welcher Art beigefügt.

    (5) Damit man diejenigen, die die Verheißung als Einzelpersonen erben würden, von
    solchen unterscheiden konnte, die lediglich leibliche Nachkommen Abrahams waren,
    wurde das sichtbare Zeichen der Beschneidung eingeführt (1.Mo.17,9-14). Ein Unbe-
    schnittener galt als außerhalb der verheißenen Segnungen stehend. Allerdings hing die
    letztendliche Erfüllung des abrahamitischen Bundes und die Inbesitznahme des Landes
    durch seine Nachkommenschaft nicht von der gewissenhaften Durchführung der Be-
    schneidung ab. Vielmehr wurden die Landverheißungen ja vor Einführung dieses Ritus
    gegeben.

    (6) Der abrahamitische Bund wurde durch die Geburt Isaaks und Jakobs bestätigt. Für
    diese beiden werden die Verheißungen in ihrer ursprünglichen Form wiederholt
    (1.Mo.17,19;28,12-13).

    (7) Es ist bemerkenswert, daß trotz Ungehorsams der Bund mehrmals wiederholt wird
    und zum Teil eine frühe Erfüllung erfährt. So ist offensichtlich, daß Abraham einige Male
    vom Willen Gottes abirrte. ... Dennoch.. wiederholt Gott Seine Verheißungen an ihn.

    (8) Die späteren Bestätigungen des Bundes erfolgen mitten in einer Zeit des Abfalls.
    Wichtig ist die durch Jeremia übermittelte Verheißung, daß Israel als Nation für immer
    Bestand haben wird (Jer.31,36).

    (9) Das Neue Testament bezeichnet den abrahamitischen Bund als unveränderlich
    (Hebr.6,13-18; vgl. 1. Mo.15,8-21). Gott hatte nicht nur verheißen, sondern die Verhei-
    Bung sogar durch einen feierlichen Eid bekräftigt.

    (10) Die ganzen Offenbarungen der Schrift in Bezug auf Israel und seine Zukunft, die
    sowohl im Alten als auch im Neuen Testament enthalten sind, bestätigen und unterstützen,
    wenn man sie wörtlich auslegt, den bedingungslosen Charakter der Abraham
    gegebenen Verheißungen.
    1

    Nach diesen Erwägungen ist anzuerkennen, da die prämillenialistische Position auf
    vielen unterschiedlichen und gewichtigen Argumenten beruht.2

    Zu dem in 1.Mose 15 geschilderten Ereignis ist noch ein Wort der Erklärung notwendig,
    da dieser Abschnitt für die Frage nach dem bedingungslosen Charakter des Bundes von
    Bedeutung ist. In 1.Mo.14 lesen wir, daß Abraham es ablehnte, Reichtümer von dem König
    Sodoms anzunehmen, weil er auf Gott vertraute. Kurze Zeit später versicherte ihm Gott,
    daß Er sein Schild und sein Lohn sei (1.Mo.15,1), um bei Abraham nicht die Frage
    aufkommen zu lassen, ob sein Vertrauen in Gott nicht ein Fehler gewesen war. Auf
    Abrahams Frage nach dem verheißenen Erben, bekräftigt Gott, daß er einen Sohn haben
    werde, und "Abraham glaubte Gott" (1.Mo.15,6). Als Antwort auf Abrahams Glaube wird
    ihm ein bestätigender Beweis gegeben, daß er Gott nicht vergeblich vertraut hat. Er erhält
    ein Zeichen, daß die Verheißung erfüllt werden wird (1.Mo.15,9-17). Um Abraham den
    Bund hinsichtlich der Nachkommenschaft und des Landes erneut zu bekräftigen, fordert
    Gott Abraham auf, Opfertiere vorzubereiten, damit sie zusammen einen Bund des Blutes
    schließen könnten. Zu diesem Ritual erläutert Carl Friedrich Keil:


    Das Verfahren mit den Tieren entspricht vielmehr ganz dem bei vielen andern Völkern
    üblichen Brauch, bei Schließung von Bundesschlüssen Opfertiere zu schlachten und in
    Stücke zu teilen und diese Stücke einander gegenüber zu legen, durch welche dann die
    den Bund Schließenden hindurchgingen. Daher hat schon Ephraem Syr. I p. 161 bemerkt,
    Gott habe sich hierbei zur Sitte der Chaldäer herabgelassen, um dem Chaldäer Abram
    seinen Eid feierlichst zu verbürgen ... während Jer. 34,18 bezeugt, daß derselbe (Brauch)
    auch noch in der späteren Zeit bei den Israeliten üblich war.
    3

    Gewiß war Abraham diese Art, eine bindende Übereinkunft zu treffen, vertraut. Zweifellos
    gewann er einen Eindruck von der Wichtigkeit des Bundes, als Gott ihn aufforderte,
    mehrere Tiere herbeizubringen, obwohl ein Tier für das Inkrafttreten des Bundes ausge-
    reicht hätte. Als er die Opfertiere zubereitete, wird Abraham erwartet haben, gemeinsam
    mit Gott zwischen den zerteilten Tieren hindurchzugehen, denn das Brauchtum verlangte,
    daß die beiden, die einen Bund des Blutes schlossen, gemeinsam zwischen den Opferteilen
    hindurchschritten. Auch wird er den feierlichen Ernst der Situation empfunden haben, denn
    ————————————————————————
    1 Ebd. 109:38-40.
    2 Cf. Charles C. Ryrie, The Basis of the Premillennial Faith, Seiten 53-61.
    3 C.F.Keil, Genesis und Exodus, Seite 182

    ————————————————————————

    dieses Ritual verpilichtete die beiden Bündnispartner bei ihrem Blut, den Bund zu erfüllen.
    Wenn einer von ihnen den Bund brach, wurde von ihm verlangt, mit dem Vergießen seines
    eigenen Blutes zu büßen, da ja auch das bindende Blut der Tiere vergossen worden war.
    Als jedoch der Bund geschlossen werden sollte, fiel ein tiefer Schlaf auf Abraham, so daß
    er nicht am Bundesschluß teilnehmen konnte. Er konnte lediglich der Empfänger eines
    Bundes werden, der ihm keinerlei Verpflichtungen auferlegte. Keil erklärt diesen Abschnitt
    so:


    Die Natur aber dieses Bundes brachte es mit sich, daß nur Gott in einem Symbol Seines
    Wesens, (und) nicht auch Abraham durch die Opferstücke hindurchging. Obgleich
    nämlich ein Bund stets ein gegenseitiges Verhältnis zweier Personen zu einander begrün-
    det, so steht doch in dem (speziellen) Bund, den Gott mit einem Menschen schließt, der
    Mensch nicht Gott ebenbürtig gegenüber, sondern Gott gründet das Verhältnis der Ge-
    meinschaft durch Seine Verheißung und Seine gnadenreiche Herablassung zu dem
    Menschen.
    1

    Auf diese Weise hat Gott Sich durch einen überaus ernsten und feierlichen Bund des Blutes
    verpflichtet, die Verheißungen, die Abraham hinsichtlich seiner Nachkommen und hinsicht-
    lich des Landes gegeben worden waren, bedingungslos zu erfüllen. Für Gott ist es wohl
    kaum möglich, noch deutlicher herauszustellen, daß die Abraham gegebenen Verheißungen
    bedingungslos waren und ihre Erfüllung allein von Seiner Zuverlässigkeit abhängt.


    c) Die amillenialistischen Argumente gegen den bedingungslosen Charakter des Bundes

    Allis, ein exponierter Vertreter der amillenialistischen Position, systematisiert das Denken
    dieser Auslegungsrichtung. Er führt eine Anzahl von Argumenten gegen den bedingungs-
    losen Charakter des Bundes an.


    (1) Vor allem ist zu beachten, daß eine Bedingung in einem Gebot oder einer Verhei-
    Bung enthalten sein kann, ohne daß dies ausdrücklich erwähnt wird. Das wird durch das
    Beispiel Jonas deutlich. Jona bekam den Auftrag, Ninive uneingeschränktes und bedin-
    sungsloses Gericht anzukündigen: "'Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!' (Jon.3,4
    Rev. Elberf). Aufgrund der Gnade und Barmherzigkeit Gottes hatten die Einwohner
    Ninives eine Umkehrmöglichkeit, obwohl ihnen keine Bedingung zur Umkehr genannt
    wurde. ... Auch das Gericht an Elis Familie ist ein guter Beweis dafür, daß wegen Gottes
    Wesen ungenannte Bedingungen existieren (1.Sam.2,30).2
    ————————————————————————
    1 Ebd., Seite 184.
    2 Oswald T. Allis, Prophecy and the Church, Seite 32.

    ————————————————————————
    Somit argumentiert Allis, daß es implizierte Bedingungen gibt, die nicht speziell angeführt
    werden.

    Als Erwiderung auf diese Argumentation werden wir schnell feststellen, daß Allis mit
    einem höchst bezeichnenden Eingeständnis beginnt: Es werden in der Schrift keine Bedin-
    gungen genannt, auf die sich der Amillenialist zur Erhärtung seiner Position berufen kann.
    Stattdessen stützt er sich ausschließlich auf implizierte und ungenannte Bedingungen. Im
    Fall Elis gibt es überhaupt keine Parallele, denn Eli lebte unter Gesetz, unter der mosai-
    schen Haushaltung, deren Charakter bedingt war und die in keiner Beziehung zum abraha-
    mitischen Bund stand. Die Bedingtheit des mosaischen Bundes darf nicht einfach auf den
    abrahamitischen übertragen werden. Auch das Beispiel Jonas ist als Beweis für Allis'
    Thesen ungeeignet. Jonas Predigt hatte keinen Bundescharakter und enthielt überhaupt
    keine Parallelen zum abrahamitischen Bund. Vielmehr ist es ein gut fundiertes Prinzip der
    Schrift, daß Gericht durch Reue abgewendet wird (Jer. 18,7-10; 26,12-13; Hes.33,14-19).
    Die Menschen taten Buße, so daß es nicht zum Gericht kam. In jedem Fall wurde durch die
    Predigt Jonas der Charakter des abrahamitischen Bundes überhaupt nicht verändert.


    (2) Es ist wahr, daß bei dem Bund mit Abraham Gehorsam nicht ausdrücklich und
    wörtlich als Bedingung genannt wird. Daß aber Gehorsam dennoch vorausgesetzt wurde,
    wird durch zwei Tatsachen angezeigt: Zum einen ist Gehorsam in jedem Fall eine Vor-
    bedingung für Segen. Zweitens wird bei Abraham die Gehorsamspflicht besonders betont.
    So wird in 1.Mo.18,17ff deutlich gezeigt, daß Gott mit Seiner Wahl Abrahams bezweckte,
    daß durch gottesfürchtige Erziehung gerechte Nachkommen heranwachsen sollten, die
    "den Weg des Herrn bewahren' würden, damit als Resultat und Belohnung eines solchen
    Gehorsams, 'der Herr auf Abraham kommen lasse, was Er über ihn geredet hat.
    1

    Ein weiters Mal muß Allis eingestehen, da er für seine Position keine Schriftstelle mit
    feststehender Bedingung geltend machen kann. Sein obiges Argument muß dennoch weiter
    erwogen werden. So ist es falsch zu behaupten, daß Gehorsam immer eine Voraussetzung
    für Segen sei. Wie könnte ein Sünder jemals gerettet werden, wenn dies zuträfe? Walvoord
    schreibt:


    Es ist nicht wahr, daß Gehorsam immer eine Voraussetzung für Segen ist. Die Nach-
    kommen Abrahams waren auf allen moralischen Gebieten ungehorsam. Trotz dieses
    Ungehorsams wurden viele Verheißungen des Bundes erfüllt. Es ist ja gerade das Prinzip
    der Gnade, daß Gott die Unwürdigen segnet ... Die Sicherheit des Gläubigen ist völlig
    unabhängig vom Wert oder von der Treue des Menschen... Was macht der Calvinist Allis
    mit der Lehre von der bedingungslosen Auswahl?
    2
    ————————————————————————

    1 Ebd., Seite 33.
    2 Walvoord, a.a.0., 109: 40-41

    ————————————————————————
    Freut ist es wichtig zu beachten, daß einem bedingungslosen Bund, der einen verheißenen
    Heilsplan auf sichere Grundlage stellt, bedingte Segnungen beigefügt sein können. Der
    Heilsplan wird (gewißlich) durchgeführt werden, aber der Einzelne wird die Segnungen des
    Plans nur empfangen, wenn er den Bedingungen entspricht, von denen diese abhängen. Das
    trifft auch auf den abrahamitischen Bund zu. Ferner haben wir oben bereits herausgestellt,
    daß Abraham zunächst in einem Gehorsamsschritt seine Heimat verlassen mußte, bevor
    Gott den Bund mit ihm einging. Als dieser einmal geschlossen war, galt er völlig bedin-
    gungslos, denn schließlich wurde der Bund selbst nach klaren Taten des Ungehorsams
    erweitert und Abraham gegenüber bekräftigt (1.Mo.12,10-20; 16,1-16).


    (3) Daß Gehorsam von ganz entscheidender Bedeutung für den abrahamitischen Bund
    war, wird insbesondere dadurch verdeutlicht, daß dem Bund das Zeichen der Beschnei-
    dung beigefügt wurde, dessen Beachtung von außerordentlicher Wichtigkeit war. Wer
    sich nicht beschneiden ließ, sollte aus dem Bundesvolk ausgerottet werden... Der Ritus
    selbst war ein Gehorsamsakt(1.Kor.7,19).
    1

    Als Entgegnung auf diese Behauptung genügt der Hinweis, daß der Ritus der Beschnei-
    dung, dessen Einsetzung in 1.Mo.17,9-14 beschrieben wird, erst viele Jahre nach der
    Bundeseinsetzung eingeführt wurde, nachdem der Bund Abraham bereits einige Male
    bekräftigt worden war (1.Mo.12,7; 13,14-17; 15,1-21). Welchen Sinn macht es, das Zeichen
    der Beschneidung als notwendig für die Fortsetzung des Bundes anzusehen, wo doch der
    Bund eindeutig vor der Einsetzung des Zeichens in Kraft gesetzt worden war? Darüber
    hinaus erkennt man bei einem Studium dieses Ritus, daß die Beschneidung eher mit dem
    Genießen (Empfangen) der Bundessegnungen als mit der Einsetzung oder Fortführung des
    Bundes in Beziehung steht. Walvoord schreibt:


    Alle stimmen darin überein, daß das persönliche Empfangen des Bundessegens in
    starkem Maß vom Glauben und Gehorsam des Einzelnen abhängt. Diese Ansicht unter-
    scheidet sich klar von der Behauptung, daß die Erfüllung des Bundes an sich, vom dem
    Gehorsam einer ganzen Nation abhängig sei.
    2

    Allis setzt seine Argumentation fort:


    (4) Daß diejenigen, die auf der völligen Bedingungslosigkeit des abrahamitischen
    Bundes bestehen, tatsächlich doch von ihrer Haltung Abstriche machen, zeigt sich auch
    daran, welch große Bedeutung die Dispensationalisten der Landnahme Israels als
    Voraussetzung für den Empfang der Segnungen unter diesem Bund beimessen.3
    ————————————————————————
    1 Allis, a.a.O., Seite 34.
    2 Walvoord, a.a.O. 109:42.
    3 Allis, a.a.O.

    ————————————————————————
    (5) Daß die Dispensationalisten den abrahamitischen Bund nicht als völlig bedingungs-
    los ansehen, zeigt sich auch an der Tatsache, daß sie nie davon sprechen, daß Esau
    wieder ins Land Kanaan eingesetzt und an den vollen Segnungen des abrahamitischen
    Bundes teilnehmen würde. Wenn aber der abrahamitische Bund bedingungslos ist, warum
    wird dann Esau von den Segnungen des Bundes ausgeschlossen?
    1

    Beide Argumente können gemeinsam behandelt werden. Bei ihnen geht es jeweils nicht
    um das Fortbestehen des Bundes, sondern um die Voraussetzung für Segnungen. Wie schon
    zuvor gesagt, hingen die Segnungen von Gehorsam, vom Bleiben an der Segensstätte ab.
    Der Bund selbst dagegen galt unabhängig davon, ob man sich im Land Kanaan aufhielt
    bzw. Segen empfing oder nicht. Was Esau betrifft, so wäre es in seinem Fall ohnehin
    bedeutungslos gewesen, ob er sich in Kanaan aufhielt oder nicht, wenn der Bund durch
    Ungehorsam und durch das Verlassen des Landes annulliert worden wäre. Esau wurde von
    den Segnungen des Bundesvolkes ausgeschlossen, denn er stand im Unglauben und war
    somit für den Empfang der Segnungen ungeeignet. Das Erstgeburtsrecht, das er verachtete
    (1.Mo.25,27-34), war die Verheißung, nach der er Erbe des abrahamitischen Bundes
    geworden wäre. Da dieser Bund sich auf die Zuverlässigkeit Gottes stützte, ist Esau als ein
    Mann zu sehen, der nicht glaubte, daß Gott Sein Wort erfüllen könnte oder würde. Esau
    verwirkte die Bundessegnungen. Sie mußten ihm wegen seines Unglauben, den er bei dem
    Verzicht auf das Erstgeburtsrecht gezeigt hatte, verlorengehen (1.Mo.27). Die Verwerfung
    Esaus illustriert, daß für den Bund eine Auswahl getroffen wurde, daß er durch Gottes
    eigene, auserwählte Linie erfüllt werden würde.


    (6) ... die Gewißheit, daß der Bund erfüllt werden wird, ergibt sich nicht aus seiner
    Bedingungslosigkeit, noch ist seine Erfüllung von dem unvollkommenen Gehorsam
    sündiger Menschen abhängig. Die Gewißheit der Bundeserfüllung und die Sicherheit der
    Gläubigen, die unter ihm leben, hängt letztendlich ausschließlich vom Gehorsam Christi
    ab.
    2

    Es fällt auf, daß bei obigem Punkt ganz anders argumentiert wird, als noch bei den
    vorhergehenden. Bei ihnen wurde vorgebracht, daß sich der Bund nicht erfüllen werde, da
    er bedingt sei. Nun heißt es, daß sich der Bund aufgrund des Gehorsams Christi erfüllen
    wird. Da uns geistliche Segnungen aus diesem Bund erwachsen (Gal.3), ist der Amillenia-
    list gezwungen, zumindest eine gewisse Bundeserfüllung einzugestehen. Wenn der Bund
    aufgehoben worden wäre, wäre Christus nie gekommen. Wenn die durch den Bund angebo-
    tene Sicherheit bedingt wäre, gäbe es keine Heilsgewißheit. Wir stimmen gern zu, wenn

    ————————————————————————

    1 Ebd.. Seite 35.
    2 Ebd.. Seite 36.

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    behauptet wird, da die Erfüllung des Bundes insgesamt auf dem Gehorsam Christi basiert.
    Diese Tatsache ändert aber nicht den wesentlichen Charakter des Bundes, der das Kommen
    Christi notwendig machte. Wenn Christus zur teilweisen Erfüllung des Bundes kam, so
    verheißt Sein Kommen (doch) dessen völlige Erfüllung.

    Anders argumentiert Allis, der in bezug auf die Bundeserfüllung schreibt:


    (1) Was nun den 'Samen' betrifft, so ist zu beachten, daß diese speziellen Worte, die
    bei der Bundesschließung benutzt wurden... zur Zeit Salomos auf die Nation Israel
    bezogen werden ... Dies würde bedeuten, daß die Verheißung während des goldenen
    Zeitalters der Monarchie in dieser Hinsicht als erfüllt angesehen wurde...

    (2) Was das 'Land' betrifft, so kam Israel in den Besitz des den Patriarchen verheiße-
    nen Landes, als David und Salomo ihr Herrschaftsgebiet vom Euphrat bis an den Strom
    Ägyptens ausdehnten. Sie besaßen das Land, aber nicht 'für immer'. Israel verlor es
    wieder wegen seines Ungehorsams; man kann also sagen, daß sich die Verheißung
    hinsichtlich des Landes Jahrhunderte vor dem ersten Kommen erfüllt hat...
    1

    Er argumentiert also, daß der Bund keine zukünftige Erfüllung mehr erfahren werde, da er
    sich in der Vergangenheit schon erfüllt habe.

    Die Frage der historischen Erfüllung des Bundes werden wir später erörtern. Es soll hier
    vorerst der Hinweis genügen, da sich in Israels Geschichte niemals die Abraham ursprüng-
    lich gegebenen Verheißungen erfüllt haben, selbst nicht während der glanzvollen Regie-
    rungszeiten Davids und Salomos. Die historische Wirklichkeit rechtfertigt nicht die Deu-
    tung, daß der Bund schon erfüllt sei.

    Wenn der Bund bedingt war, ist ferner zu fragen, wie jedwede Erfüllung überhaupt zu
    erklären ist, war Israel doch zwischen Einführung des Bundes und Errichtung des davidi-
    schen Thrones häufig in Ungehorsam gefallen. Der Unglaube, der auf die Ära Davids
    folgte, unterschied sich nicht von dem ihr vorhergehenden. Wenn dieser nachfolgende Un-
    glaube den Bund außer Kraft gesetzt haben soll, so ist zu bedenken, daß dann schon durch
    den vorhergehenden Unglauben jede Erfüllung des Bundes unmöglich gemacht worden
    wäre.


    d) Die teilweise Erfüllung des Bundes unterstützt die prämillenialistische Sicht

    Jede Untersuchung der Abschnitte des abrahamitischen Bundes, die entweder teilweise
    oder völlig erfüllt wurden, unterstützt die Behauptung, daß der Bund als ein wörtlich zu
    Verstehender und bedingungsloser Bund anzusehen ist. Dazu Ryrie:


    ..Gott hat (bisher) Teile des abrahamitischen Bundes wörtlich erfüllt.
    ————————————————————————

    1 Ebd. Seiten 57-58.
    ————————————————————————
    (1) Gott erfüllte die persönlichen Verheißungen und segnete Abraham in besonderer
    Weise. Lincoln schreibt:

    "a) Abraham wurde zu Lebzeiten persönlich mit vielen Besitztümern gesegnet:
    (1) Er besaß Land (1.Mo.13,14; 15,17);
    (2) Er hatte Diener (1.Mo.15,7; etc.);
    (3) Er besaß viel Vieh, Silber und Gold (1.Mo.13,2: 24,34f).

    "b) Abraham wurde persönlich auch in geistlicher Hinsicht gesegnet:
    (1) Er lebte ein glückseliges Leben der Absonderung zu Gott hin (1.Mo.13,8f; 14,22f);
    (2) Er genoß ein kostbares Leben der Gemeinschaft mit Gott (1.Mo.13,18);
    (3) Er führte ein beständiges Gebetsleben(1.Mo.18,23-33);
    (4) Er wurde fortwährend von Gott unterstützt (1.Mo.21,22);
    (5) In ihm wohnten Friede und Zuversicht, die aus einem gehorsamen Leben resultierten
    (1.Mo.22,5.8.10.12.16-18)."

    (2) Er hatte einen großen Namen (1.Mo.12,2)....

    (3) Er war für andere ein göttlicher Segenskanal, denn er war nicht nur ein Segen für
    seine Familie und seine Nachkommen, sondern durch die Bibel, den Erlöser und das
    Evangelium für die ganze Welt.

    (4) Der Lauf der Geschichte läßt erkennen, daß Völker, die Israel - die Nachkommen-
    schaft Abrahams - verfolgten, dafür später bestraft wurden, auch wenn sie mit der Ver-
    folgung Gottes Züchtigung ausgeübt hatten. Ihr Verhalten gegenüber Abraham bzw.
    Israel hatte entweder Segen oder Fluch zur Folge (1.Mo.14,12-16 Schlacht der Könige;
    1.Mo.14,18-20 Melchisedek; 1.Mo.20,2-18; 21,22-34 Abimelech; 1.Mo.23,1-20 Het; Er-
    eignisse in der Geschichte Israels - 5.Mo.30,7; Jes. 14,1-2; Joe.3,1-8; Mt.25,40-45).

    (5) Abraham wurde von Sara ein Erbe geboren (1.Mo.21,2). Es wäre kindisch zu leug-
    nen, daß sich diese oben erwähnten Verheißungen erfüllt haben.
    1

    Ps.69 illustriert sehr gut, auf welche Weise sich Aussagen der Schrift erfüllt haben. Alle
    Vorhersagen des Psalms, welche die Erniedrigung und die Leiden Christi betreffen, gingen
    wörtlich in Erfüllung. In den Ereignissen, die erst nach Seinem Tod eintreten werden, sieht
    der Psalmist die Erfüllung der Bundesschlüsse, denn er sagte:


    "Denn Gott wird Zion retten und die Städte Judas bauen; und sie werden daselbst
    wohnen und es besitzen. Und der Same seiner Knechte wird es erben; und die seinen
    Namen lieben, werden darin wohnen" (Ps.69,35f).


    Da sich einige Aussagen des Psalms bei der Kreuzigung des Messias wörtlich erfüllten,
    läßt dies einzig den Schluß zu, daß sich auch das, was aus dem Tod des Messias zur
    künftigen Erfüllung der Bundesschlüsse resultiert, wörtlich erfüllen wird.2 Es sollte klar

    ————————————————————————

    1 Ryrie, a.a.O., Seiten 50-52.
    2 Vgl. Peters, a.a.O., L, 303-304.

    ————————————————————————
    sein, dal die Methode, die Gott benutzt hat, um in der Vergangenheit Prophezeiungen zu
    ertillen, zugleich Seine Methode zur künftigen Erfüllung aller anderen Prophezeiungen sein
    wird. Da sich bisher alle Prophezeiungen wörtlich erfüllt haben, ist es nur folgerichtig, die
    wörtliche Methode auch auf die prophetischen Abschnitte der Schrift anzuwenden, die noch
    unerfüllt sind. Weil sich die schon erfüllten Verheißungen des abrahamitischen Bundes
    wörtlich erfüllt haben, schlußfolgern wir, daß sich die unerfüllten Abschnitte auf die gleiche
    Weise erfüllen werden.

    Offensichtlich verstanden die Patriarchen selbst den Bund als ewig, bedingungslos, unwi-
    detruflich und sicher, hinsichtlich seiner Erfüllung.1 Dies bringen Isaaks an Jakob gerichte-
    te Worte zum Ausdruck:

    Gott, der Allmächtige, segne dich und mache dich fruchtbar und mehre dich, daß du zu
    einer Schar von Völkern werdest; und er gebe dir den Segen Abrahams, dir und deinem
    Samen mit dir, auf daß du besitzest das Land deiner Fremdlingschaft, das Gott dem
    Abraham gegeben hat! (1.Mo.28,3-4)


    IV. Die eschatologische Bedeutung des abrahamitischen Bundes

    Nachdem feststeht, daß der abrahamitische Bund ein bedingungsloser Bund ist, der mit
    Israel geschlossen wurde und der daher von keinem anderen Volk außer Kraft gesetzt oder
    erfüllt werden kann, gilt es nun zu beachten, daß Israel Verheißungen hinsichtlich eines
    Landes und eines Samens hat. Diese Verheißungen legen Gottes Heilsplan für die Zukunft
    fest. Zusammen mit dem Wort 'Segen' fassen die Begriffe 'Land' und 'Samen' die
    wesentlichen Eigenschaften der Eschatologie des Bundes zusammen. Eine Untersuchung der
    Verheißungen Gottes an Abraham zeigt, daß die beiden Begriffe in den Verheißungen
    betont werden.


    Deinem Samen will ich dieses Land geben (1.Mo.12,7).

    Denn das ganze Land, das du siehst, dir will ich es geben und deinem Samen auf ewig.
    Und ich will deinen Samen machen wie den Staub der Erde, so daß, wenn jemand den
    Staub der Erde zu zählen vermag, auch dein Same gezählt werden wird (1.Mo.13,15-16).
    An selbigem Tag machte der HERR einen Bund mit Abram und sprach: Deinem Samen
    sebe ich dieses Land (1.Mo.15,18).

    Und ich werde meinen Bund errichten zwischen mir und dir und deinem Samen nach
    dir, nach ihren Geschlechtern, zu einem ewigen Bund, um dir zum Gott zu sein und
    deinem Samen nach dir. Und ich werde dir und deinem Samen nach dir das Land
    deiner Fremdlingschaft geben, das ganze Land Kanaan, zum ewigen Besitztum, und ich
    werde ihr Gott sein
    (1.Mo.17,7-8, Hervorhebung durch J.D.Pentecost).
    ————————————————————————

    1 Cf. ebd., I, 294
    ————————————————————————
    Man kann nicht umhin festzustellen, daß die Verheißungen charakteristische Merkmale in
    bezug auf die leiblichen Nachkommen Abrahams und das Land enthalten. Was genau ist
    nun mit 'Same' und 'Land' gemeint? Welche Rolle werden 'Same' und 'Land' bei zukünf-
    tigen Ereignissen spielen?

    Ryrie unterstreicht die Bedeutung des Bundes. Er meint:


    Alle stimmen überein, daß der abrahamitische Bund einer der bedeutendsten Bund-
    esschlüsse im Wort Gottes ist. Die entscheidenden Streitfragen in bezug auf den Prämille-
    nialismus sind folgende: (1) Verheißt der abrahamitische Bund Israel eine fortdauernde
    Existenz als Nation? Wenn ja, dann sind die Verheißungen Israels nicht auf die Ge-
    meinde übergegangen; vielmehr hat Israel dann als Nation noch eine Zukunft in Aussicht.
    (2) Verheißt der abrahamitische Bund Israel den fortdauernden Besitz des verheißenen
    Landes? Wenn ja, dann muß Israel dieses Land zuvor (ganz) in Besitz nehmen, da es das
    Land in seiner Geschichte bisher nie ganz besessen hat.
    1


    a) Wer ist der Same Abrahams?

    Es ist allen klar, die nicht bewußt die eindeutige Lehre der Schrift verdrehen wollen, daß
    mit 'Same Abrahams' die leiblichen Nachkommen Abrahams gemeint sind. Walvoord
    schreibt:


    Wenn man den ganzen Kontext des abrahamitischen Bundes untersucht, zeigt sich, daß
    dieser vor allem entscheidend mit Abrahams leiblichem Nachkommen, Isaak, zu tun hatte.
    Bevor Isaak geboren wurde, sagte Gott über ihn: 'Und ich werde meinen Bund mit ihm
    aufrichten zu einem ewigen Bund für seinen Samen nach ihm' (1.Mo.17,19). Wie hat
    Abraham den Begriff 'Samen' damals verstanden? Ganz offensichtlich bezog sich 'Sa-
    men' auf Isaak und seine Nachkommen. Gott erklärte nicht, daß diejenigen, die nicht zur
    leiblichen Nachkommenschaft Abrahams gehörten, geistliche Segnungen empfangen
    würden, vielmehr sagte Er, daß die leiblichen Nachkommen Isaaks die Verheißungen
    erben würden, die dem 'Samen Abrahams' gegeben wurden.

    ....Nichts sollte klarer sein als die Tatsache, daß Abraham, Isaak und Jakob
    'Samen auf ihre leibliche Nachkommenschaft bezogen.
    2

    Und weiter:

    ————————————————————————

    1 Ryrie, a.a.O., Seiten 48-49.
    2 Walvoord, a.a.0., 109:137-138.

    ————————————————————————
    Der Begriff 'Israel': 'Israel' ist ein Titel, der Jakob gegeben wurde und Kämpfer
    Gottes bedeutet. Er wird gewöhnlich benutzt, um die leiblichen Nachkommen Jakobs zu
    bezeichnen.
    1

    Dies scheint so eindeutig zu sein, daß die folgende Behauptung eines führenden Amille-
    nialisten nicht wenig erstaunlich ist. Er sagt:


    Die Millenialisten (diejenigen, die an ein Tausendjähriges Reich Christi auf Erden glau-
    hen, A.d.U.) treiben die für sie so charakteristische wörtliche Schriftauslegung in bei-
    spielloser Weise auf die Spitze, wenn sie darauf bestehen, daß mit Israel auch Israel
    gemeint sein müsse, und daß das im Alten Testament verheißene Königreich Israel
    betreffe, und sich diese Verheißung buchstäblich für Israel erfüllen werde.
    2

    Es sei darauf hingewiesen, daß man die Sicht der Prämillenialisten schwerlich als ein
    beispielloses Extrem wörtlicher Schriftauslegung' bezeichnen kann, da neben den Prämille-
    nialisten auch andere - z.B. Hodge3, ein Postmillenialist; Hendriksent4, ein Amillenialist
    gezwungen sind, 'Israel' wörtlich auszulegen, wenn sie in ihrer Schriftauslegung kon-
    sequent bleiben wollen. Es ist wichtig, zwischen den persönlichen Verheißungen an
    Abraham selbst, den nationalen Verheißungen an Abrahams Samen und den universellen
    Verheißungen an
    'alle Geschlechter der Erde' zu unterscheiden. Es kann nicht geleugnet
    werden, daß der abrahamitische Bund solchen, die nicht zur leiblichen Nachkommenschaft
    Abrahams zählen, universelle Segnungen anbietet, aber es ist zu bekräftigen, daß die
    nationalen Verheißungen nur durch (für) die Nation selbst erfüllt werden können. Somit ist
    der Begriff Israel' in seinem gewöhnlichen, buchstäblichen Sinn zu verstehen und meint
    die leibliche Nachkommenschaft Abrahams.


    b) Die amillenialistische Sicht des Samens Abrahams

    Pieters, ein führender Vertreter des amillenialistischen Systems, definiert 'Same':

    Der Begriff 'Same Abrahams' bezeichnet in biblischem Sprachgebrauch diese sichtbare
    Gemeinschaft, deren Mitglieder durch den abrahamitischen Bund in Beziehung zu Gott
    stehen und dadurch Erben der abrahamitischen Verheißungen sind.
    5
    ————————————————————————

    1 Ebd. 109:139.
    2 Allis, a.a.O., Seite 218.
    3 Charles Hodge, Commentary on Romans, Seite 589.
    4 William Hendriksen, And so All Israel Shall Be Saved, Seite 33.
    5 Albertus, Pieters, The Seed of Abraham, Seiten 19-20.

    ————————————————————————
    Er erweitert dies, indem er sagt:

    Immer, wenn wir dem Argument begegnen, daß Gott dem jüdischen Volk gewisse Verhei-
    Bungen gegeben hat ... sollten wir uns (bestimmte) Tatsachen ins Gedächtnis rufen. Gott
    hat niemals einem Volk als solchem eine Verheißung gegeben. Alle Verheißungen
    richteten sich an die fortbestehende Bundesgemeinschaft, wobei die Volkszugehörigkeit
    oder die Abstammung der Einzelnen keine Rolle spielte. Daher wäre kein Beweis - wenn
    er denn geführt werden könnte (was nicht möglich ist) -, daß diejenigen, die man heute
    "die Juden' nennt, Nachkommen Abrahams sind, zu belegen geeignet, daß sie einen
    Anspruch auf die Erfüllung irgendwelcher göttlicher Verheißungen haben. Diese Verhei-
    Bungen gelten dem Personenkreis 'Same Abrahams' und für diese Gemeinschaft müssen
    sie sich erfüllen.

    Es ist also vielmehr notwendig, den Beweis führen zu können, zu dieser Gemeinschaft zu
    gehören.
    1

    Walvoord faßt diese Sicht prägnant zusammen:


    Die amillenialistische Sicht, wie sie von Pieters repräsentiert wird, vertritt demnach
    folgende Position:

    (1) Gott hat niemals den leiblichen Nachkommen Abrahams als einem Volk eine Verhei-
    Bung gegeben;

    (2) die abrahamitischen Verheißungen gelten allein den geistlichen Nachkommen Abra-
    hams bzw. der 'fortbestehenden Bundesgemeinschaft';

    (3) die heutigen Juden haben keinen Anspruch auf die Abraham gegebenen Verhei-
    Bungen, da sie (a) nicht seine geistlichen Nachkommen sind und (b) auch nicht beweisen
    könnten, da sie seine leiblichen Nachkommen sind.
    2

    Entsprechend der amillenialistischen Sicht entspricht der 'Same' der gesamten 'Haushaltung
    des Glaubens' oder anders ausgedrückt allen Gläubigen aller Zeiten. Die ganze Diskussion
    entscheidet sich also letztlich an der Methode der Schriftauslegung, die man anwendet.
    Wenn die Schrift bildlich auszulegen ist, dann ist die amillenialistische Sicht logisch, wenn
    sie aber wörtlich ausgelegt werden muß, dann ist die prämillenialistische Sicht notwendig.


    c) Die Arten des Samens, den die Schrift erwähnt

    Der ganze Streit kann möglicherweise geklärt werden, wenn man beachtet, daß die
    Schrift nicht nur den einen Samen kennt, der Abraham geboren wurde. Man muß unter-
    schiedliche Samenarten biblisch differenzieren, um nicht Verwirrung zu stiften. Walvoord
    schreibt:

    ————————————————————————

    1 Ebd.
    2 Walvoord, a.a.O., 109:137.

    ————————————————————————
    Es gibt nun drei unterschiedliche Möglichkeiten, ein Kind Abrahams zu sein. Zuerst ist
    die natürliche Abstammung, die leibliche Nachkommenschaft, zu nennen, die sich im
    wesentlichen auf die Nachkommen Jakobs, auf die zwölf Stämme beschränkt. Gout
    werheit ihnen, ihr Gott zu sein. Ihnen wurde das Gesetz gegeben. Sie erhielten in
    altestamentlicher Zeit das Land Israel. Mit ihnen handelte Gott in ganz besonderer
    Weise. Zweitens gibt es innerhalb dieser natürlichen eine geistliche Linie, womit die
    Israeliten gemeint sind, die an Gott glaubten, das Gesetz hielten und die Bedingungen für
    die irdischen Segnungen des Bundes erfüllten. Von dieser geistlichen Abstammung sind
    auch diejenigen, die schließlich im Tausendjährigen Reich das Land besitzen werden.
    Drittens gehören zum geistlichen Samen Abrahams solche, die keine Israeliten sind. Hier
    ist an die Verheißungen zu denken, die sich an 'alle Geschlechter der Erde' richten. Dies
    wird ausdrücklich in Gal.3,6-9 dargelegt .. also erfüllen die geistlichen Kinder Abra-
    hams, die von den Heiden oder Nationen abstammen, in erster Linie die Aspekte des
    abrahamitischen Bundes, die mit den Nationen zu tun haben und nicht die Verheißungen
    die Israel betreffen. Der Galatertext kennt nur die eine Möglichkeit des 'in Christus Jesus
    sein' (Gal.3,28) für die Nationen, um zu den Nachkommen Abrahams gezählt zu werden.
    Es heißt dort: 'Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr denn Abrahams Same und nach
    Verheißung Erben' (Gal.3,29). Allein im geistlichen Sinn sind sie Abrahams Nachkommen
    und Erben derjenigen Verheißung, die 'allen Geschlechtern der Erde' gegeben wurde.
    Betreffs der Tatsache, daß sich die geistlichen Nachkommen Abrahams auch unter den
    Nationen finden, können Prämillenialisten Amillenialisten zustimmen, während sie
    bestreiten, daß Verheißungen an die natürlichen Nachkommen, an den 'Samen Abra-
    hams', durch Gläubige aus den Nationen erfüllt worden sind. Man darf die den Nationen
    verheißenen Segnungen nicht den Segnungen gleichsetzen, die den natürlichen Nachkom-
    men Abrahams verheißen wurden.
    1

    Diese Unterscheidung erklärt auch, inwieweit die Verheißungen des Bundes auf die
    Gemeinde bezogen werden können, die ja nicht das eigentliche Bundesvolk (Israel) ist, für
    das sich die nationalen Verheißungen erfüllen werden. Da wir durch die Wiedergeburt zu
    den geistlichen Nachkommen zählen, bedeutet nicht, daß wir auch zu den leiblichen
    Nachkommen des Patriarchen gehören.


    d) Die Gemeinde ist nicht gleich Israel

    Die einzig logische Schlußfolgerung, die sich aus dieser Erörterung ergibt, lautet somit,
    dab die Gläubigen aus den Nationen in der Gegenwart zwar zum Samen Abrahams zu
    zählen sind, daß sie aber nicht der Same sind, für den sich die nationalen Verheißungen

    ————————————————————————

    1 Ebd. 108:420.
    ————————————————————————
    erfüllen werden. Dies läßt sich gut beweisen, wenn man bestimmte Sachverhalte im Wort-
    gebrauch des Neuen Testament beachtet.

    (1) Das natürliche Volk Israel und die Nationen werden im Neuen Testament deutlich
    unterschieden (Apg.3,12; 4,8; 21,28; Röm. 10,1). Die Tatsache, daß Israel auch nach der
    Einsetzung der Gemeinde als Nation angeredet wird und die Bezeichnung Juden zur
    Unterscheidung von der Gemeinde benutzt wird (1.Kor. 10,32), zeigt, daß die Nationen
    Israel in Gottes Heilsplan des Bundes nicht verdrängt haben.

    (2) Das natürliche Israel und die Gemeinde werden einander gegenübergestellt (Röm.11,1-
    25; 1.Kor. 10,32). In Röm. 11 wird erklärt, daß Gott die Nation Israel für eine gewisse
    Zeit von ihrer Segensstätte entfernt hat, um sie später - wenn Sein Heilsplan mit der
    Gemeinde zu Ende geführt worden ist - dort wiedereinzusetzen. Also ist die Gemeinde
    in Gottes Plan nicht insgesamt als Ersatz an die Stelle Israels getreten.

    (3) Jüdische Christen, die durch ihr Christsein ein Teil des geistlichen Israels sind, werden
    im NT von Christen aus den Nationen unterschieden (Röm.9,6; hier stellt Paulus das
    Israel nach dem Fleisch den Israeliten gegenüber, die durch Glauben zum geistlichen
    Israel gehören; Gal.6,15-16; in dem Segensspruch für den ganzen Leib Christi erwähnt
    Paulus insbesondere die gläubigen Juden).1

    Damit scheint ausreichend begründet, daß die heutige Gemeinde nicht das Israel ist, für
    das sich die Bundesschlüsse erfüllen werden. Es mutet schon seltsam an, daß der Amille-
    nialist einerseits argumentiert, daß die Bundesschlüsse nicht erfüllt werden müßten, da sie
    bedingt wären und die Bedingungen von Israel nicht eingehalten worden seien, verbunden
    mit der Meinung, daß sich die Bündnisse nicht mehr erfüllen würden, daß sie sich bereits
    während der Regierungszeit Salomos erfüllt hätten. Anderseits behauptet er aber, daß die
    Bundesschlüsse ihre Erfüllung durch die Gemeinde fänden. Wenn die Bundesverheißungen
    bedingt sind oder sich schon erfüllt haben, warum ignoriert man sie dann nicht gänzlich?
    Warum macht man dann überhaupt noch solch einen Streitpunkt daraus? Die einzig richtige
    Antwort lautet, da die Bundesschlüsse ein solch entscheidendes Fundament für die
    gesamten Hoffnungen des Wortes Gottes darstellen, daß man sie nicht ignorieren kann;
    auch dann nicht, wenn man ihre Existenz oder ihre Bedeutung für die Eschatologie leugnet.


    e) Die Beziehung der Gemeinde zum Bund

    Da die Gemeinde nicht "der Same" ist, für den sich die Bundesschlüsse schließlich buch-
    stäblich erfüllen werden, ist nun zu erwägen, in welchem Verhältnis die Gemeinde zum
    gesamten Heilsplan des Bundes Gottes steht. Jedwede Beziehung der Gemeinde zu den

    ————————————————————————

    1 Vgl. Ryrie, a.a.O., Seiten 63-70,
    ————————————————————————
    Verheißungen basiert nicht auf der natürlichen Geburt ihrer Glieder, sondern auf deren
    Wiedergeburt, auf der Tatsache, daß sie "in Christus" sind. Peters bemerkt treffend:


    Es wurde verheißen, daß der Same' das Land erben sollte. Nun bekommen wir häufig
    zu hören, daß sich diese Verheißung in der Geschichte der Juden unter Josua, den
    Richtern und den Königen erfüllt hätte. Wie sehen aber die Fakten aus, die der Heilige
    Geist offenbart?
    Sicherlich sollte es der Heiligen Schrift bei der Auslegung der Bundes-
    verheißungen gestattet werden, sich selbst auszulegen, damit wir so ihren göttlichen Sinn
    ermitteln können. Beachten wir also die Erklärungen Gottes: 'Nun sind aber die Verhei-
    Bungen dem Abraham und seinem Samen' zugesprochen worden. Es heißt nicht und den
    Samen' in der Mehrzahl, sondern mit bezug auf einen einzigen: 'und deinem Samen', und
    das ist Christus' (Gal.3,16 Menge). Wenn Sprache überhaupt eine bestimmte Bedeutung
    hat, dann haben wir hier zweifellos die einfache Erklärung, daß Gott meinte, daß eine
    einzige Person das Land Kanaan erben würde
    - Jesus Christus, der hervorragende
    Same, der Nachkomme Abrahams -, als Er verhieß, 'und deinem Samen will ich das Land
    geben.
    1

    Die Gemeinde empfängt die Verheißungen allein wegen ihres Verhältnisses zu diesem
    Einen, in dem die Verheißungen erfüllt werden. In Ihm hat sie Anteil an allem, was Er zur
    Erfüllung des Bundes tut. In seiner Rede (Apg.3,25) wendet Petrus nur den universellen
    Aspekt des abrahamitischen Bundes auf seine Zuhörer an. Die nationalen Aspekte müssen
    in der Zukunft durch das Volk Israel erfüllt werden.


    f) Wird der Same das Land besitzen?

    Nach obigen Darlegungen dürfte klar sein, da den natürlichen Nachkommen Abrahams
    der ewige Besitz des Landes verheißen wurde. Walvoord sagt:


    Die Verheißung, daß der Same Abrahams das Land besitzen werde, ist eine hervor-
    stechende Eigenschaft des Bundes, deren Bedeutung durch die Art, in der die Verheißung
    8egeben wurde, noch erhöht wird. Die Verheißung - so wie sie gegeben wurde - betont,
    (1) daß sie auf dem Prinzip der Gnade beruht; (2) daß das Land ein Erbe "des Samens"
    ist; (3) daß der auf ihr beruhende Anspruch ewig gilt; (4) daß das Land ein ewiger
    Besitz sein wird; (5) daß das verheißene Land bestimmte, durch eindeutige Grenzen
    definierte Gebiete umfaßt.
    2
    ————————————————————————

    1 Peters, a.a.O., I, 302.
    2 Walvoord, a.a.O., 109:218.

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    Diese Verheißung ist die Grundlage für die im Alten Testament geäußerten Erwartungen:
    sie ist die Substanz der prophetischen Botschaften'. Wenn Israel als Volk wegen seines
    Ungehorsams endgültig verworfen worden wäre, dann bestünde keine Möglichkeit mehr,
    daß sich diese bedeutende Linie alttestamentlicher Prophetie erfüllte. Ryrie antwortet
    treffend auf das Argument, daß Israel beiseite gesetzt worden sei. Er schreibt:


    ...Da einige darauf bestehen, daß die Nation (Israel) von Gott völlig verworfen wurde,
    sollen nun zwei Schriftstellen sorgfältig untersucht werden.


    (1) Mt.21,43: 'Deswegen sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch weggenom-
    men und einer Nation gegeben werden, welche dessen Früchte bringen wird. …Eine
    sorgfältige Auslegung dieser Verse hat folgende Fragen zu beantworten: Was wird weg.
    genommen werden? Von wem wird es weggenommen? Wem wird es gegeben?

    Es ist das Reich Gottes, das ihnen weggenommen wird ... mit Reich Gottes ist der
    Bereich gemeint, in dem der wahre Glaube an Gott herrscht .
    ... Der HERR sagte einmal
    zu den Juden, daß sie nicht in das Reich Gottes eingehen könnten, da sie Ihn ablehnten,
    denn wenn jemand nicht von neuem geboren wird, 'so kann er das Reich Gottes nicht
    sehen' (Joh.3,3 Rev.Elberf).

    Von wem wurde das Reich Gottes weggenommen? Es scheint klar, daß sich das 'euch'
    auf die Generation bezieht, zu der der HERR sprach ..

    Wem wird das Reich Gottes gegeben werden? Bei übertragener Anwendung mag mit
    der 'Nation, die dessen Früchte bringen wird' jede Generation gemeint sein, die sich
    Christus zuwendet. Eine streng am Text orientierte Auslegung wird in dieser Nation das
    Volk Israel erkennen, das sich dem HERRN zuwendet und vor dem Eintreten in das
    Tausendjährige Reich gerettet wird ....

    (2) Röm.11,26-27: 'Und also wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht:
    Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden;
    und dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.

    Diese zweite Schriftstelle zeigt überzeugend, daß Israel künftig wiederhergestellt und
    gerettet werden wird ... Sorgfältige Ausleger stimmen dahingehend überein, daß in
    diesem Abschnitt mit 'Israel' auch Israel gemeint ist... Somit lehrt dieser Abschnitt, daß
    beim Zweiten Kommen Christi ganz Israel gerettet werden wird, während heute nur ein
    Überrest gerettet ist. Beide Schriftstellen machen deutlich, daß Israel nicht (endgültig)
    verstoßen wurde, sondern künftig wieder an seine Segensstätte eingesezt wird. Da Israel

    ————————————————————————

    Vgl. Jes. 11,1-11; 14,1-3; 27,12-13; 43,1-8; 49,8-16; 66,20-22; Jer. 16,14-16; 30,10-11; 31,8.31-37; Hes.11,17-
    21; 20.33-38; 37,11-16; 39,25-29; Hos.1,10-11; Joel 3,17-21; Am.9,11-15; Mi.4,4-7; Zeph.3,14-20; Sach.8,4-8.

    ————————————————————————
    nicht enterbt wurde, wird es eine Stellung erhalten, welche die Erfüllung des abrahamiti-
    schen Bundes möglich macht.
    1


    g) Ist der abrahamitische Bund erfüllt worden?

    Es gibt Ausleger, die darauf beharren, daß dieser Bund keine zukünftge Erfüllung mehr
    finden wird, da er sich bereits in der Vergangenheit erfüllt habe. Als deren Vertreter sei
    hier Murray genannt, der meint:


    Aus dem Wort Gottes können genügend Beweise angeführt werden, die zeigen, daß Gott
    Abraham und seinem Samen die Verheißung, das Land Kanaan zu besitzen, erfüllt hat.
    In der Gegenwart vermischen sich die sterblichen Überreste Abrahams, Isaaks und
    Jakobs mit dem Erdboden des 'Feldes von Machpela, gegenüber von Mamre' im Land
    Kanaan. Abraham kaufte dieses Feld, weil er eine Begräbnisstätte benötigte. Er gelangte
    so in den Besitz (eines Teils) des Landes Kanaan, und seine Überreste ruhen noch in
    Kanaan bis zur Auferstehung. Dies gilt auch für seine Nachkommen Isaak und Jakob, die
    mit ihm Erben der gleichen Verheißung sind. Gott hat also seine Verheißung an Abraham
    erfüllt und ihm und seinen Nachkommen einen beständigen Platz im Land gegeben.


    Nachdem er 1.Mo.15,13-14 zitiert hat, fährt er fort:

    Dieser Bund enthält nicht die Bezeichnung 'ewig', obwohl einige darauf bestehen, daß
    er noch nicht vollständig erfüllt ist, daß die Israeliten das Land bisher niemals in der
    hier beschriebenen Größe besessen haben. Glücklicherweise gibt uns das Wort Gottes
    auch zu diesem Punkt eine richtige, endgültige Antwort. Der Leser möge einmal
    1.K0.5,1.4 aufschlagen, wo es heißt: 'Und Salomo war Herrscher über alle Königreiche,
    vom (Euphrat) Strom an (bis zu) dem Land der Philister und bis an die Grenze Ägyptens;
    ... Denn er herrschte über das ganze (Gebiet) diesseits des (Euphrat) Stromes, von
    Tifsach bis Gaza, über alle Könige diesseits des Stromes; und er hatte Frieden von allen
    Seiten ringsumher.'
    2

    Um an einer historischen Erfüllung festhalten zu können, muß man leugnen, daß der
    Bund seinem Wesen nach ein ewiger Bund ist. Es ist daher interessant zu sehen, wie ein
    Amillenialist mit dem Wort 'ewig' verfährt. Dazu schreibt Murray:

    Der wörtliche Bibelausleger (der Literalist) erinnert uns an das Wort 'ewig', was für ihn
    an dieser Stelle von außerordentlicher Bedeutung ist. Was aber ist mit "ewig genau
    gemeint? Diese Frage birgt selbst für den Literalisten gewisse Schwierigkeiten. Der
    Besitzanspruch eines Menschen auf einen Flecken Erde gilt nicht fortwährend. 'Es (ist)

    ————————————————————————

    1 Ryrie, a.a.O., Seiten 70-73.
    2 George Murray, Millennial Studies, Seiten 26-27.

    ————————————————————————
    dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.' Seine Verträge
    hinsichtlich materiellen Besitzes müssen irgendwann einmal enden. Wie aber hat Abra-
    ham das Wort 'ewig' verstanden? Was hat Gott damit gemeint? Wenn einem Menschen
    die Vertreibung aus seiner Heimat droht und ein Freund, dessen Fähigkeit, seine Ver-
    sprechungen auszuführen, klar erwiesen ist, ihm die Verheißung gibt, diese Heimat ewig
    zu besitzen, stellt sich ihm die Frage, wie er diese Verheißung zu verstehen hat. Er wird
    nicht erwarten, dort ewig zu leben. Allenfalls kann er damit rechnen, daß er sein irdi-
    sches Leben in diesem Land verbringen wird und daß seine sterblichen Überreste dort
    ihre Ruhestätte finden werden. Genau das war es, was Abraham von Gott unverkennbar
    verheißen und erfüllt wurde. Abraham besaß das Land Kanaan in jeder Hinsicht, in der
    ein Mensch überhaupt Land besitzen kann.
    1

    Wie töricht ist es, darauf zu beharren, daß sich die Bundesverheißung, das Land zu besit-
    zen, durch die in diesem Land ruhenden Überreste Abrahams erfüllt hat!

    Dagegen argumentiert Peters:


    Wer behauptet, daß all dies mit der historischen, in der Vergangenheit erfolgten Inbesitz-
    nahme Palästinas durch die Nachkommen Abrahams erfüllt worden sei, widerspricht
    nicht nur der Schrift, sondern schränkt faktisch auch die Verheißung ein. Kurtz ... stellt
    fest, daß die Israeliten niemals das Abraham verheißene Land vom Nil bis zum Euphrat
    besaßen, was durch die Geschichte bestätigt wird.
    2

    Um seinen Argumenten zusätzliches Gewicht zu verleihen, fährt er fort:


    Die Bibel macht eindeutig klar, daß die Verheißung durch die Patriarchen auf keine der
    durch den Unglauben angeführten Arten erfüllt wurde, was auch immer hinsichtlich des
    zeitweiligen Besitzes Kanaans oder in bezug auf die Nachkommenschaft Abrahams gesagt
    werden mag. Der Heilige Geist sah diese Einwände vorher und traf entsprechende Vor-
    sorge, damit wir nicht in unserem Glauben straucheln. So teilt uns Stephanus voll
    Heiligen Geistes mit (Apg.7,5): 'Und er gab ihm kein Erbe darin, auch nicht einen
    Fußbreit, und er verhieß, es ihm zum Besitztum zu geben und seinem Samen nach ihm.
    Dies sollte unmißverständlich sein, insbesondere, da es durch den Schreiber des Hebrä-
    erbriefs bestätigt wird (Hebr.8,8-9; 11,13-40), der ausdrücklich erwähnt, daß die Patriar-
    chen sich im Land der Verheißung aufhielten, das sie als 'ein Erbteil' erhalten sollten.
    'Diese alle sind im Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht empfangen,
    sondern sahen sie von ferne und begrüßten sie und bekannten, daß sie Fremdling und
    ohne Bürgerschaft auf der Erde seien. Wie können wir bei solchen Schriftbeweisen, das,

    ————————————————————————

    1 Ebd., Seite 26.
    2 Peters, a.a.O., 297

    ————————————————————————
    was über die Patriarchen selbst gesagt wird, lediglich auf ihre Nachkommen anwen-
    den?
    1

    Der abrahamitische Bund wurde einem ganz bestimmten Bundesvolk gegeben. Er enthielt
    persönliche Verheißungen an Abraham und die Verheißungen, einem Volk Land zu geben
    und dieses Volk zu bewahren. Da er als bedingungsloser und ewiger Bund geschlossen
    wurde und bisher noch keine Erfüllung gefunden hat, muß er in der Zukunft erfüllt werden.
    Israel muß als Nation bewahrt (erhalten) werden, es muß das Land erben und als Voraus-
    setzung für das Empfangen dieses Erbteils mit geistlichen Segnungen gesegnet werden.
    Walvoord schlußfolgert treffend:


    Die Wiederherstellung Israels ist der Eckstein für die Lehre über den abrahamitischen
    Bund. Beachten wir noch einmal die strategische Bedeutung des Bundes für die Wahr-
    heiten der Schrift, wobei wir vor allem die prämillenialistische Position erwägen wollen.
    Wir haben gesehen, daß der Bund nicht nur Vorhersagen für Abraham, sondern auch für
    seine natürliche Nachkommenschaft - Israel - und für seine geistlichen Nachkommen
    das sind alle, ob Juden oder Nichtjuden, die den Glauben Abrahams nachahmen
    enthält. Es wurde gezeigt, daß Abraham den Bund wörtlich verstand und ihn in erster
    Linie auf seine natürlichen Nachkommen bezog. Ferner wurde der bedingungslose Cha-
    rakter des Bundes - eines Bundes, der sich einzig auf Gottes Verheißung und Seine Treue
    gründet - dargelegt. Die bisher erfolgte und bezeugte teilweise Erfüllung der Verhei-
    Bungen bekräftigt Gottes Absicht, diese buchstäblich zu erfüllen. Wir haben gesehen, daß
    die an Israel gerichtete Verheißung, das Land beständig zu besitzen, unverzichtbarer
    Bestandteil und Resultat der allgemeinen Verheißungen ist, die Abraham gegeben und
    seinen Nachkommen bestätigt wurden. Diese Verheißungen beinhalten das nationale
    Bestehen Israels. Sie werden in beiden Testamenten wiederholt bekräftigt und aufrech-
    terhalten. Es wurde gezeigt, daß sich diese Verheißungen in keiner Weise auf die neute-
    stamentliche Gemeinde übertragen lassen. Schließlich wird überall in der Bibel Israels
    Wiederherstellung als die natürliche Folge dieser Verheißung ausdrücklich gelehrt. Wenn
    diese Schlußfolgerungen, zu denen man nach sorgfältiger Untersuchung der Offenbarung
    der Schrift gelangt ist, richtig und vernünftig sind, dann folgt daraus, daß der Prämille-
    nialismus das einzige Lehrsystem ist, das hinreichend mit dem abrahamitischen Bund im
    Einklang steht.
    2
    ————————————————————————

    1 Ebd., I, 294-295.
    2 Walvoord, a.a.O., 109:302-303.

    ————————————————————————
    Im HERRN JESUS CHRISTUS, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige.
    ——————————————————

    Antonino.S
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